Holaa!
Ich bin Leonie, 18 Jahre alt und habe dieses Jahr die Möglichkeit mit dem durch Brot für die Welt organisierten entwicklungspolitischen Freiwilligendienst das wunderschöne Costa Rica sowie die Menschen und deren Kultur kennenzulernen. Seit ca. drei Monaten lebe ich nun schon in dem mittelamerikanischen Land und hatte schon viele lehrreiche Erlebnisse, bereichernde Gespräche und durfte auch schon in meiner Partnerorganisation interessante Aufgaben übernehmen. In den folgenden Zeilen werde ich versuchen, meine bisherige Zeit für euch Leser*innen, zu schildern – auch wenn es nicht einfach sein wird, alles in Worte zu fassen.
Meine Einsatzstelle
Seprojoven ist eine gemeinnützige Organisation, die sich auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen aus wenig privilegierten Umfeldern spezialisiert. Dabei geht es zum einen darum, ihnen Raum für Freizeitaktivitäten – vor allem Fußball – zu geben, aber auch ihnen Möglichkeiten zum Austausch mit anderen zu bieten und ihnen grundlegende Werte mitzugeben. In Workshops und durch Fußball lernen die Teilnehmer*innen spielerisch grundlegende respektvolle Umgangsformen, Teamwork und Zusammenarbeit. Des Weiteren will Seprojoven die Jugendlichen und Kinder – hauptsächlich die Mädchen – empowern, und ihnen Perspektiven sowie Möglichkeiten der Selbstverwirklichung in einer doch teilweise männerdominierten Kultur aufzeigen. Für mich ist es besonders schön zu sehen, dass die Teilnehmenden einen sicheren Raum haben, in dem sie mit Mentor*innen, Psycholog*innen und Gleichaltrigen in Kontakt treten können. Sie finden offene Ohren für ihre Probleme, können aber auch einfach mal den Alltag vergessen und sich voll und ganz auf das Miteinander konzentrieren.
Bei Seprojoven fühle ich mich wirklich sehr wohl, da ich deren Werte und Methoden als sehr wichtig und hilfreich betrachte. Meine Aufgabe ist es, zum einen die Trainings zu begleiten und zum Teil anzuleiten, aber auch die Kinder und Jugendlichen in Spielen zusammenzubringen und den Gruppenzusammenhalt zu stärken. Zudem arbeite ich mit einer Mitfreiwilligen des Deutschen Roten Kreuzes im Centro Cívico por la Paz, ein echt toller Ort, der Begegnungen unterschiedlichster Menschen des Viertels sowie zahlreiche Freizeitaktivitäten wie Sport-, Musik-, Kunstprojekte anbietet. Wir geben sowohl Deutsch als auch Englischunterricht für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die diesen in ihrer freien Zeit besuchen und sehr motiviert sind. Es ist echt toll, die Dankbarkeit der Menschen zu spüren, die schon länger eine Sprache lernen wollten, aber bisher noch keine Möglichkeit bzw. Angebote dafür hatten. Der Unterricht macht sehr viel Spaß und ist auch für mich eine große Bereicherung: Ich habe eine sinnvolle Aufgabe, kann mein Spanisch verbessern – es findet stets gegenseitige Unterstützung mit dem Sprachenlernen statt – und erfahre viel über das Leben und den Alltag der Menschen durch den ständigen Austausch.
Wohnsitation
Ich habe das große Glück, in einer sehr lieben Gastfamilie leben zu können. Diese besteht aus meiner Gastmutter, ihren zwei erwachsenen Söhnen und einem zur Miete wohnenden Studenten. Ich fühle mich sehr wohl und gut betreut und mir fällt immer wieder auf, wie unglaublich hilfsbereit alle sind. Meine Gastmutter versorgt mich wenn ich krank bin, und meine Gastbrüder nehmen mich oft mit zum Sport, in Bars und ins Fußballstadion. Da wir uns alle recht viel im Wohn- bzw. Esszimmer, das mit der Küche verbunden ist, aufhalten, ähnelt der Wohnzustand eher einer Art Wohngemeinschaft. Jeder kocht und isst für sich, was für mich anfangs wirklich etwas überraschend war. Aus meiner Familie bin ich gewohnt, mindestens einmal, aber eher zweimal am Tag miteinander zu essen. Hier gibt es keineswegs festgelegte Essenszeiten und es gäbe auch gar nicht genug Sitzgelegenheiten für ein gemeinsames Essen. Seit ca. 4 Monaten wird das Haus, in dem ich lebe, renoviert sowie ein zweites Stockwerk gebaut. Bezüglich der Bauarbeiten finde ich es sehr interessant, dass diese von Freunden bzw. Familienmitgliedern übernommen werden und die Pläne stets geändert werden. Die Fertigstellung schiebt sich kontinuierlich nach hinten. Diese Dauerbaustelle ist ein schönes Beispiel für die recht lockere, spontane und gelassene Lebensweise der Ticos – wie sich die Costa-Ricaner selbst bezeichnen. Auch Verabredungszeiten sind hier meiner Beobachtungen zufolge sehr viel weniger verbindlich. Es ist vollkommen normal, mal eine lockere Stunde später als zum verabredeten Zeitpunkt zu kommen. Mir sagt das mit meiner gewöhnlich mangelnden Pünktlichkeit, die in Deutschland dann doch eher für Tadel gesorgt hat, natürlich sehr zu.
Essen
In der Regel koche ich für mich selbst. Dennoch konnte ich die landestypische Küche insbesondere in den zahlreichen Sodas kennenlernen. Diese sind lokale Restaurants mit sehr günstigem und leckerem Essen. Hier ist es, wie uns schon vor unserer Ausreise berichtet wurde, sehr üblich ganz viel Reis mit Bohnen zu essen. Sicherlich nicht so viel wie meine Mitfreiwilligen in ländlicheren Gebieten und doch sehr viel mehr als gedacht, esse ich hier das – auch oft von mir zubereitete – sehr leckere Gallo Pinto mit angebratenen Plátanos (Kochbananen) und Avocado –hier für einen herrlich niedrigen Preis auf dem Markt erhältlich.
Ausflüge
In kleinen Ausflügen, mit Mitfreiwilligen oder meiner Gastfamilie, habe ich schon etwas die Umgebung und das Land außerhalb meines Standortes kennengelernt. Meine ersten Einblicke und Erfahrungen waren wunderbar: Ich durfte schon Faultiere, Papageien, Schlangen, verschiedenste Affenarten, Iguanas, Leguane und ganz viele farbenfrohe Fische in ihren natürlichen Habitaten beobachten. Diese Tiersichtungen sowie die eindrucksvollen, mystischen Geräusche der dunklen Regenwälder der Nationalparks, in Verbindung mit postkartenähnlichen Stränden und dem badewannenwarmen Meer, haben mich auf einer ganz neuen Ebene beeindruckt von diesem Land.
Fazit
Alles in allem habe ich schon so viele tolle Eindrücke gesammelt in meiner bisherigen Zeit hier in Costa Rica. Der ständige Austausch mit den Menschen hier hat mir schon jetzt ganz neue Perspektiven und Haltungen gegenüber dem Leben eröffnet. Ich konnte schon etwas abschauen von der lockeren, fröhlichen, auf Dankbarkeit fokussierten Lebenseinstellung der Ticos. Dabei kann ich meinen Horizont sowohl im physischen als auch psychischen Sinne erweitern und mich selber besser kennenlernen. Ich bin super froh, diese einzigartigen Erfahrungen machen zu können und blicke voller Erwartung und Vorfreude auf die kommenden Monate.
Und damit verabschiede ich mich mit den typischen costa-ricanischen Worten „Pura Vida!“, die so viel bedeuten wie: Genießt das Leben, egal unter welchen Umständen :)