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Schutz des Lebens - es fehlt die Umsetzung

Ein schwieriges Unterfangen – die Schutzpflicht der Staaten in Lateinamerika für Menschenrechtsverteidiger*innen. Ein Treffen in Bogota zwischen Zivilgesellschaft und staatlichen Einrichtungen zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen machte deutlich: es fehlt nicht nur an politischem Willen, sondern an der Umsetzung von rechtlichen Rahmenbedingungen.

Von Wolfgang Seiß am
Gruppe

Ein Teil der Delegation der Partner von Brot für die Welt

Vom 15. bis zum 18. April 2024 trafen sich in Bogotá Kolumbien Vertreter*innen von staatlichen Institutionen, Schutzmechanismen und Staatsanwaltschaften für den Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen (MRV) und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Eingeladen hatten die lateinamerikanischen Büros des Hochkommissars für Menschenrechte der Vereinten Nationen (OACNUDH) und die Interamerikanische Menschenrechts-Kommission – CIDH.

Mit dabei waren über 15 Partnerorganisationen von Brot für die Welt aus Kolumbien, Peru Paraguay, Guatemala, Mexiko, Costa Rica. Diese haben sich seit Jahren dafür engagiert, dass der Staat seiner Aufgabe, Menschenrechtsverteidiger*innen zu schützen, nachkommt.

Für sie war das Treffen Gelegenheit sich über Erfahrungen und Visionen eines integralen Schutzes mit Vertreter*innen aus anderen Ländern auszutauschen.

 

Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen

Vorherige Treffen fanden ohne Beteiligung der Zivilgesellschaft statt, insofern war es ein Novum und zugleich ein Versuch, staatliche Akteure und die Zivilgesellschaft in einem regionalen Rahmen zusammen zu bringen. Dabei sollte folgenden Fragen nachgegangen werden:

Wie kann der Schutz von sozialen Führungspersönlichkeiten und MRV verbessert werden? Was müssen die Staaten tun, um ihrer Verpflichtung nachzukommen, Leben zu schützen?

Lateinamerika weist weltweit die höchsten Mordraten an MRV auf, besonders betroffen sind  Indigene, bäuerliche und afroamerikanische Führungspersönlichkeiten. Nicht von ungefähr weisen Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen und der CIDH seit Jahren auf dieses Problem hin.

Leider müssen wir feststellen, dass Menschenrechte zu verteidigen uns weiterhin das Leben kostet, und dies gilt es zu beenden. Die Verteidigung des Territoriums, des Lebens, der Menschenrechte darf kein Risiko generieren. Es dürfen nicht fortwährend soziale Führungspersönlichkeiten in den Gemeinden ermordet werden.“ (Angie Zapata, Koordinatorin der Menschenrechtsarbeit von ACIN, der Vereinigung der indigenen Räte im Norden der Provinz Cauca, Kolumbien)

 

Schutzmechanismen und Gesetze

In Lateinamerika haben verschiedene Staaten in den letzten Jahre staatliche Schutzmechanismen eingerichtet. Die älteste dieser Programme existiert in Kolumbien, die „Nationale Schutzeinheit“ – UNP. Mexiko und Honduras haben Schutzmechanismen, Brasilien  hat einen Mechanismus noch aus der ersten Regierungszeit von Präsident Lula.

Staatliche Schutzmechanismen leiden darunter, dass sie sich zumeist auf sogenannte „harte Sicherheitsmaßnahmen“ konzentrieren: gepanzerte Fahrzeuge, Bodyguards, Notruf Telefone, zumeist sehr individuell ausgerichtet.

Mauricio Lectamo aus dem Cauca, Kolumbien brachte auf den Punkt, was auch andere Teilnehmer*innen der Zivilgesellschaft bemängeln dass,

“es in vielen Staaten Lateinamerikas Beispiele für Normen, Gesetze, Verfahren in Bezug auf den Schutz von MRV gibt. Aber viele dieser Normen oder Protokolle lassen sich nicht automatisch auf die Realitäten in den Territorien anwenden. Die Frage ist, was muss geschehen, damit in den Regionen die Arbeit zum Schutz von Menschenrechten garantiert wird (...)“ (Mauricio Capaz Lectamo, indigener Teilnehmer aus dem Nasa Volk in der Provinz Cauca, Kolumbien).

 

Die Rolle der Zivilgesellschaft

In allen Ländern sind es zivilgesellschaftliche Organisationen, die entweder die Ausarbeitung oder Einrichtung dieser Maßnahmen initiierten, Gesetzesvorschläge erarbeiteten oder in organisierter Form die Umsetzung und Anwendung dieser Schutzmechanismen begleiten (Brasilien, Honduras, Mexiko).

In Paraguay versucht die Zivilgesellschaft derzeit eine entsprechende Gesetzesinitiative auf den Weg zu bringen. In Peru waren Organisationen aus der Zivilgesellschaft federführend an der Ausarbeitung des Dekrets für einen Schutzmechanismus für MR-Verteidiger*innen beteiligt.

Obwohl auch das Thema, „kollektive Schutzmaßnahmen“ auf der Agenda der Veranstaltung stand, waren diejenigen, die es in der Praxis betrifft (indigene, bäuerliche, afrokaribische Organisationen), so gut wie nicht vertreten.

„Wir sehen, dass es Schwachstellen gibt, Stimmen der Gemeinden, deren eigene Strategien, deren Schutzkonzepte einzubeziehen. Von differenzierten Ansätzen, einem Genderansatz und gemeinschaftlichen Ansätzen auszugehen. Wenn dies in Zukunft nicht gelingt, wird es in absehbarer Zeit nicht möglich sein, integrale Strategien zu konsolidieren“(Angie Zapata).  

 

Justiz und mangelnde Koordination zwischen staatlichen Stellen

Im zweiten Teil der Veranstaltung kamen dann Vertreter*innen der Justiz aus unterschiedlichen Ländern zu Wort, (Sonderstaatsanwaltschaften zu Menschenrechten, indigene Staatsanwaltschaft), die wiederum zumeist von ihren Normen und Verfahren berichteten.

In vielen Interventionen wurde deutlich, dass sich die Verfahren und das juristische Vorgehen in erster Linie mit dem bereits vorliegenden Straftatbestand, der Ermordung eines MRV befasste. Selten wurden thematisiert, inwieweit die Staatsanwaltschaften präventive Ermittlungen anstellen, um Leben zu schützen.

In Bogotá wurde deutlich, was Partner in vielen Ländern schildern: Der geringe Austausch zwischen Schutzmechanismen, unterschiedlichen staatlichen Instanzen und der Justiz, die diefehlende interinstitutionelle Koordination. Mangelnde Absprachen zwischen Sonderstaatsanwaltschaften für Menschenrechte, Untersuchungsbehörden und Sicherheitskräften erschwert besonders die Arbeit im Bereich der Prävention.

Denn, wie es die Koordinatorin der Partnerorganisation, Somos Defensores Kolumbien ausdrückte, „die Justiz (ist) der Flaschenhals: keine Ermittlungen, keine Urteile nicht nur hinsichtlich der materiellen Täter, sondern auch gegen die Hintermänner bedeutet, dass sich die Gewaltspirale weiterdreht. Denn dies ist eine Botschaft an die bewaffneten Akteure, dass sie weiterhin MRV bedrohen können, ohne Angst vor Konsequenzen haben zu müssen.“

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