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Städte in der Klimakrise

Weltweit lebt 56% der Bevölkerung in Städten. Städte generieren 80% der globalen Wirtschaftsleistung. Mit einem Anteil von 70% am weltweiten CO² - Ausstoß sind Städte große Klimasünder. Gleichzeitig sind ökonomisch schwache Städter*innen besonders vom Klimawandel betroffen. Bei der Bekämpfung des Klimawandels und der Anpassung an seine Folgen müssen Städte in der ersten Reihe stehen.

Von Dr. Ingrid Jacobsen am
Smog über Dubai

Weltklimakonferenz 2023 - Smog über Dubai

Mehr als die Hälfte der Menschheit lebt heute in urbanen Regionen. Schätzungen gehen davon aus, dass 2050 über 70% der Weltbevölkerung in der Stadt leben wird. Der überwiegende Teil des Städtewachstums findet im Globalen Süden, vor allem in Afrika und Asien, statt. Viele Städte wachsen aus sich heraus. Einerseits bringt die vergleichsweise junge Stadtbevölkerung viele Kinder zu Welt. Andererseits wandern viele Menschen aus ländlichen Regionen und aus Konfliktgebieten in die Städte ab. Die Landflucht wird aufgrund massiver Verschlechterungen der Lebensbedingungen in ländlichen Gebieten aufgrund des Klimawandels in Zukunft noch zunehmen. Insbesondere im Globalen Süden sind die meisten Stadtverwaltungen chronisch unterfinanziert und mit der Ankunft neuer Bewohner*innen überfordert. Die Bereitstellung von Flächen für den Wohnungsbau, Infrastruktur für Wasser, Abwasserentsorgung, Strom, Mobilität oder  Müllentsorgung können mit dem Städtewachstum nicht mithalten. In der Folge wachsen informelle Siedlungen rasant. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, das weltweit bereits jetzt 1.1 Millionen Menschen meist illegal in diesen neuen Vierteln leben. Die Zuwachsraten sind exponentiell.

Der Klimawandel trifft die Menschen in informellen Siedlungen besonders hart

Bekannte Auswirkungen des Klimawandels wie Hitzewellen, extreme Trockenheit und Starkregenereignisse mit darauffolgenden Überschwemmungen machen vor den Städten nicht halt. Insbesondere in informellen Siedlungen sind Stadtbewohner*innen den Folgen des Klimawandels schutzlos ausgeliefert. Provisorische Unterkünfte aus Wellblech halten kaum die Hitze ab. Eine unzureichende Kanalisation wird nach Starkregen schnell zur Quelle von gefährlichen Krankheitserregern für die dort lebenden Menschen. Informelle Siedlungen befinden sich häufig in besonders überschwemmungsgefährdeten Küstenstreifen oder auf Hanglagen, also in Gebieten, die eigentlich nicht für die Errichtung von Unterkünften geeignet sind. Durch Sturmfluten und Starkregen können küstennahe Siedlungen überschwemmt werden, Siedlungen an Hanglagen können abrutschen. Die dort lebenden Menschen verlieren dann häufig nicht nur alle ihre materiellen Grundlagen, auch ihre Gesundheit und ihr Leben sind bedroht. Zwei Drittel aller Groß- und Megastädte befinden sich am Meer. Viele von diesen sind durch steigende Meeresspiegel und durch eine zunehmende Anzahl von Wirbelstürmen bedroht. Auch hier trifft es die Menschen in informellen Siedlungen wieder besonders hart.

Investieren lohnt sich

Der Handlungsbedarf ist also enorm. Deiche müssen erhöht werden, Hanglagen abgesichert, die Infrastruktur muss ausgebaut beziehungsweise für Extremwetterereignisse abgesichert werden. Unterkünfte müssen so gestaltet werden, dass sie ihren Bewohner*innen Schutz vor Hitze, Feuchtigkeit, Wind und Kälte bieten können. Viele informelle Siedlungen werden jedoch auf Dauer nicht zu retten sein. Ihre Bewohner*innen müssen in sichere Gebiete umgesiedelt werden. Dafür muss Wohnraum in großem Umfang bereitgestellt und soziale Infrastruktur wie Kindergärten, Schulen und Gesundheitseinrichtungen geschaffen werden. Es braucht Verwaltungseinheiten, Märkte, Fabriken und leistungsfähige Transportsysteme, außerdem Platz für Dienstleistungsunternehmen und Forschung. Dafür werden Freiflächen benötigt und sehr viel Geld. UN – Habitat, die Organisation der Vereinten Nationen zur Stadtentwicklung, beziffert die weltweit für Stadtentwicklung erforderliche Summe auf mindestens 3,4 Billionen Euro jährlich. Diesen massiven Herausforderungen stehen jedoch enorme Potentiale gegenüber. Gut gemanagte Städte sind Orte der Innovation, der Wirtschaftskraft und können ein immenses Steueraufkommen generieren. Ihre dichte Besiedlung erlaubt eine auf die Anzahl der Bewohner*innen umgerechnet kostengünstige Infrastrukturausstattung. Bei einer hohen Wohndichte sind der personenbezogene CO² - Verbrauch für den Wohnungsbau relativ gering. Aufgrund einer hohen Bewohner*innenanzahl wird ein gut durchdachter öffentlicher Personennahverkehr schnell lukrativ.

Klimafinanzierung in urbanen Räumen besonders effektiv

Vor diesem Hintergrund ist der Einsatz von Klimageldern in den urbanen Räumen des Globalen Südens besonders effektiv. Das gilt sowohl für den Bereich des Klimaschutzes, für die Anpassung an den Klimawandel als auch für den Ausgleich von Schäden und Verlusten. Entscheidend ist, dass diese Gelder dann jeweils richtig eingesetzt werden. Einen sehr hohen Anteil an der Erderwärmung hat der Bausektor. Um diese auf 1.5 Grad zu begrenzen, zahlen sich Investition in Bautechniken, die wenig CO² intensiv sind, langfristig aus. Ein effektiver öffentlicher Personennahverkehr reduziert den CO² - Ausstoß, ist flächensparend und trägt zur Luftverbesserung in den Städten bei. Bei der Anpassung der Städte an den Klimawandel hilft der Umbau von Städten in sogenannte Schwammstädte - also Städte, in denen das Regenwasser im Boden versickert und zur Grundwasserbildung beiträgt - mit den zunehmenden Starkregen zurecht zu kommen. Grünstreifen und Baumpflanzungen innerhalb der Städte mildern Hitzewellen ab. Mittel aus dem auf der Klimakonferenz neu beschlossenen Topf zur Finanzierung des Ausgleichs von Schäden und Verlusten werden dringend gebraucht, um Extremwetterschäden insbesondere in informellen Siedlungen zu kompensieren und um Umsiedlungen in bewohnbare Stadtteile zu ermöglichen. Voraussetzungen für eine effektive Nutzung von Klimageldern ist, dass Stadtplanung das Silodenken überwindet und sektorübergreifend erfolgt. Vor allem müssen jedoch die Bewohner*innen informeller Siedlungen in klimabezogene Stadtplanungen mit einbezogen werden. Dafür müssen ihre Wohnrechte offiziell anerkannt und ihre Beteiligung an Planungsverfahren etabliert werden.

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Kleinbäuerin Claudine Hashazinyange mit Avocados vom Baum ihres Schwiegervaters.

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