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Trumps Wahl verschärft digitalen Kolonialismus

Tech-Milliardäre wie Elon Musk bekommen durch Trumps Comeback ein großes Mitspracherecht im Weißen Haus. Der Digitalwirtschaft droht eine weitere Deregulierung und Monopolisierung – dem Wirtschaftszweig, der ohnehin von wenigen Tech-Konzernen dominiert wird. Dem Globalen Süden steht eine verschärfte Ausbeutung durch Google, Meta und Co. bevor.

Von Sven Hilbig am
Elon Musk läuft neben Donald Trump.

Zu Beginn dieses Jahrhunderts sah nicht nur die Weltbank Informations- und Kommunikationstechnologie als eine Riesenchance für einen langanhaltenden wirtschaftlichen Aufschwung im Globalen Süden. Unter dem Slogan „ICT for Development“ (Informations- und Kommunikationstechnologie für Entwicklung) wurde die in Washington ansässige Entwicklungsbank zum größten Förderer digitaler Techniken in Afrika, Asien und Lateinamerika. Doch obwohl millionenschwere Programme aufgesetzt wurden und Tech-Konzerne immer mehr Menschen in Ländern des Globalen Südens Zugang zum Internet verschafften, musste die Weltbank 2016 in ihrem Weltentwicklungsbericht Digital Dividends einräumen: Der digitale Wandel bleibt weit hinter den selbstgesteckten Erwartungen zurück. Mehr noch: Die Digitalisierung droht im Globalen Süden Arbeitsplätze zu vernichten und soziale Ungleichheit zu verschärfen.

Smarte Technik als Trojanisches Pferd

Fast zehn Jahre später fällt die Bilanz noch ernüchternder aus. Je weiter die Digitalisierung voranschreitet und in traditionelle Wirtschaftssektoren vordringt, umso mehr wächst die Dominanz der Tech-Konzerne im Globalen Süden und die Abhängigkeit der dort lebenden Menschen. So wird beispielsweise der Landwirtschaftssektor zunehmend von einem Kartell aus Agrar- und Tech-Konzernen dominiert. Bayer, Microsoft und Co. dient das sogenannte Smart Farming als Einfallstor, um sich Zugang zu den Daten der Bäuerinnen und Bauern sowie Kontrolle über ihre Betriebe zu verschaffen. Die Datafizierung der landwirtschaftlichen Betriebe treibt die Bäuerinnen und Bauern direkt in die Arme von Amazon, Google und Microsoft. Ohne die Serverkapazitäten der drei größten Cloud-Anbieter funktioniert nichts mehr in der digitalen Landwirtschaft. Für afrikanische und asiatische Kleinbauern „entpuppt sich die Digitalisierung der Landwirtschaft als ein Trojanisches Pferd, mit dem die Tech-Konzerne sich ihrer Äcker bemächtigen“, so die Einschätzung von Kartini Samon von unserer Partnerorganisationen GRAIN.

Digitaler Kolonialismus

Diese beunruhigenden Entwicklungen in der Landwirtschaft sind nur ein Beispiel, wie Tech-Konzerne den Globalen Süden erobern und ausbeuten. Die US-Firmen – aber auch chinesische Konzerne – dringen in mehrere Wirtschaftszweige vor oder dominieren diese von vornherein (wie bspw. E-Commerce). Der Hauptgrund dafür, dass nicht, wie ursprünglich gehofft, benachteiligte Bevölkerungsgruppen vom digitalen Wandel profitieren, ist ebenso einfach wie naheliegend: Die digitale Transformation erfolgt nicht im luftleeren Raum, sondern vollzieht sich in einer neokolonial geprägten Weltwirtschaftsordnung. Einer Wirtschaftsordnung, die zwar den gesamten Globus vernetzt, aus der aber nur wenige Konzerne Kapital schlagen. Wie zur Kolonialzeit dominieren Akteure aus dem Globalen Norden und inzwischen auch aus China die digitale Infrastruktur (Rechenzentren, Algorithmen, KI) und bauen diese Dominanz mit jedem neu verlegten Unterseekabel und jedem ins All geschossenen Satelliten weiter aus.

Aufbau und Kontrolle der digitalen Infrastruktur waren der Speer, mit dem Bill Gates, Elon Musk und Mark Zuckerberg die Wirtschaftsbarone des 20. Jahrhunderts vom Thron stießen. Die Börsenwerte ihrer Unternehmen übertreffen die der Erdölkonzerne inzwischen um Längen. Die Herausbildung neuer Monopole, deren Infrastruktur zur essenziellen Grundlage aller anderen Wirtschaftssektoren wurde (im 21. Jahrhundert ist ein Auto nicht viel mehr als ein Computer auf vier Rädern), macht die besondere Rolle der Tech-Konzerne in der Gegenwart deutlich. Diese herausragende Stellung erlaubt es den milliardenschweren Konzernchefs nicht nur, exorbitante Profite einzustreichen, sie diktieren auch die Regeln. Regeln, denen Milliarden von Nutzer*innen Folge leisten. Während die Europäische Union ihr wirtschaftliches Gewicht zum Teil erfolgreich in die Waagschale wirft und Big Tech Grenzen aufzeigt, sind die weit über 100 Regierungen des Globalen Südens bislang kaum in der Lage, eine gemeinsame Strategie zu entwickeln und den Fehlentwicklungen einen Riegel vorzuschieben. Die Tech-Konzerne verfestigen damit eine kolonial geprägte Weltordnung und schreiben eine 500-jährige Macht- und Ausbeutungsgeschichte fort. Zahlreiche Partnerorganisationen von Brot für die Welt sprechen deswegen von einem neuen, digitalen Kolonialismus.

Trumps Rückkehr: Entfesselung statt Regulierung

Trumps Wiederwahl zum US-Präsidenten wird diese neue Phase des Kolonialismus weiter verschärfen. Anders als sein Vorgänger Joe Biden, der zum Teil versuchte, die Tech-Konzerne einzuhegen, werden libertäre Tech-Barone wie Elon Musk die US-Politik unter Trump prägen. Ihr Ziel: Eine Deregulierungsagenda, die über die der Neoliberalen hinausgeht. Im Gegensatz zu neoliberalen Wirtschaftsvertretern geht es den libertären Tech-Milliardären nicht um die Stärkung eines freien Wettbewerbs, bei dem Börsenaufsicht und Kartellrecht auch andere Unternehmen schützen. Vielmehr sollen ihre eigenen Monopole weiter entfesselt und gestärkt werden. „Wettbewerb ist etwas für Verlierer“, so PayPal-Gründer Peter Thiel. Innovationskraft ungezügelter Märkte statt staatlicher Kontrolle heißt die neue Devise. Die jüngsten Anstrengungen von Regierungen aus dem Globalen Süden, eine heimische, eigenständige Digitalwirtschaft aufzubauen, werden dadurch deutlich geschwächt. Ihre Bevölkerungen und Unternehmen werden noch mächtigeren und unregulierteren US-Konzernen ausgesetzt sein. Der digitale Kolonialismus wird sich noch ungehemmter ausbreiten können als bisher.

Am 20. Februar 2025 erscheint das Buch „Digitaler Kolonialismus – Wie Tech-Konzerne und Großmächte sich die Welt aufteilen“ von Ingo Dachwitz und Sven Hilbig.

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Kleinbäuerin Claudine Hashazinyange mit Avocados vom Baum ihres Schwiegervaters.

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