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„Von Mutlosigkeit profitieren gerade die Falschen“

Wir sollten uns mehr aufeinander einlassen: Das war beides, sowohl Ansinnen als auch Fazit der ersten Ausgabe von „Der Digitale Salon – was bringt Zukunft?“. Denn Ziel unseres neuen monatlichen Online-Talk-Formats ist es, miteinander ins Gespräch zu kommen, Einordnungen, Informationen und Expertise zu teilen – direkter, bewusster und mit mehr Nähe zueinander.

Von Anna Schunck, freie Journalistin

Von Gastbeiträge Politik am
Martin Kaiser, Dagmar Pruin

Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand von Greenpeace, und Dagmar Pruin, Präsidentin Brot für die Welt

Beim Auftakt wurde genau diese Chance ausgiebig genutzt, von Dagmar Pruin, Präsidentin von Brot für die Welt, und dem geschäftsführenden Vorstand von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser. Moderiert von Journalistin Anna Schunck tauschten sich die beiden in einem angeregten Talk zum Thema „Was bringt Lust am Handeln?“ über die aktuelle Lage aus und über Möglichkeiten, noch mehr Menschen mitzunehmen. Sie teilten immer wieder die Erkenntnis, dass Gespräche, vor allem aktives Zuhören und Ernstnehmen des Gegenübers, der Schlüssel sind für eine starke Demokratie und gegen das aktuell spürbare Gefühl von Machtlosigkeit angesichts multipler Krisen.

Gegen das Entfremden – lernende Kommunikation als Schlüssel

Gegen das Denken in zwei Lagern – gegen das „wir und die anderen“ schlug Pruin das Besinnen auf eine „lernende Kommunikation“ vor. „Viele Menschen empfinden die aktuellen Themen als wahnsinnig komplex“, sagte sie. „Und das sind sie auch.“ Die Themen trotzdem zu entflechten und abzuschichten sei eine wichtige Aufgabe unserer Zeit. „Dabei müssen auch Organisationen wie unsere aufpassen, dass sie nicht nur mit denen sprechen, die ohnehin schon überzeugt sind – und dass sie so sprechen, dass sie alle mitnehmen“, so Pruin.

Greenpeace gehe diesen Weg unter anderem mit den schon über 300 „Schools for Earth“, wie Kaiser kurz vorstellte. „Schools for Earth lädt jede Schule ein, gemeinsam den nächsten Schritt Richtung Klimaneutralität und Nachhaltigkeit zu gehen“, so der Greenpeace Vorstand. „Sie machen sich gemeinsam mit der ganzen Schulfamilie auf den Weg zur Klimaneutralität und beweisen damit, dass es möglich und machbar ist, was die junge Generation, Wissenschaft und Umweltbewegung fordern.“

Für mehr Kraft – auf Ohnmachts-Diskurs verzichten

Generell sei es kurz vor der Wahl laut Pruin unsere Aufgabe, keiner Diskussion mehr auszuweichen – bewusst auch dahin zu gehen, wo es weh tut. Auf die Frage, was sie Menschen antworte, die sich ohnmächtig fühlen, sagte Pruin, dass sie aktuell häufig mit einer Gegenfrage reagiere: „Was ist eure Ohnmacht?“ In unserem Land sei so viel möglich, so Pruin. Sie plädiere dafür, sich nicht von einem Ohnmachts-Diskurs einnehmen zu lassen – und auch daran zu denken, was Menschen in anderen Ländern unter viel schwierigeren Bedingungen schaffen. Kaiser ermutigt dazu, „einfach mal was auszuprobieren. Wir müssen gemeinsam mit anderen in die Wirkung kommen“, plädierte er. „Das bringt uns Kraft.“

Wenn die Stärke schwindet? Perspektive wechseln!

Und wenn die Kräfte schwinden? „Ich glaube, dann ist eine Antwort, sich manchmal raus zu nehmen, auch aus der Nachrichtenflut“, so der Greenpeace-Vorstand. „Noch wichtiger ist es aber, sich mit Leuten zusammenzutun, mit denen man wirklich an etwas Positivem arbeitet, sich Menschen und Projekte zu suchen, die nicht die Hürden sehen, sondern das Positive.“

Pruin stimmte dem zu: „Was wir gerade brauchen, ist in vielem auch ein Perspektivwechsel. Wie will ich Reichtum, Wohlstand und ein gelingendes Leben definieren? Ist es eine gewisse Sicherheit, Luxus, Gesundheit, ein starkes soziales Umfeld, den Kopf frei zu haben für Kultur? Umbruchsituationen sind ein Moment, darüber nachzudenken, wie die Gesellschaft aussehen soll. Zivilgesellschaft schafft den Raum für Politik: miteinander auszuhandeln, wie wir leben wollen und was für uns genug zum Leben ist.“

Kaiser: „Ja, was nützt der Wohlstand, wenn ich in einer total gespaltenen Gesellschaft lebe?“ Eine gute gesellschaftliche Atmosphäre sei der Grundstein dafür, kleine Projekte und auch größere Aufgaben angehen zu können. Pruin fand es interessant, welche neuen Allianzen dafür möglich und nötig sind und wie auch Begriffe neu besetzt und Diskurse anders geführt werden können. „Die Mutlosigkeit, die wir hier beschrieben haben, ist ja auch etwas, das von einigen politischen Kräften erzeugt und angetrieben wird“, betonte Pruin. Sie plädierte dafür, sich dem entgegenzustellen und zu sagen: Doch, die Welt kann sich ändern. Mit Blick auf die Zukunft müsse man Mut haben und sich gegenseitig Mut zusprechen. „Spontan auf der Straße mit einem älteren Menschen zu plaudern, den man noch nie zuvor gesehen hat – das kann mutig und auch politisch sein!“, so Pruin. „Von Mutlosigkeit profitieren gerade die Falschen.“ 

Im Gespräch bleiben

In Hinblick auf die Bundestagswahl und zum Abschluss des Gesprächs teilte Kaiser noch ein Zitat des tschechischen Regimekritikers und späteren Staatspräsidenten, Vaclav Havel, und regte an, es mit fünf Freund*innen zu diskutieren: „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.“ Pruins Abschluss bildete die Frage: „Wie wollen wir die Welt verändern? Vielleicht können Sie das ja auch mit diesen fünf Menschen besprechen.“

Der nächste Digitale Salon zum Thema „Was bringt Sicherheit?“ mit Carlo Masala, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München, und Jörn Grävingholt, Abteilungsleiter Politik bei Brot für die Welt, findet am Donnerstag, 20. Februar, von 19.30 bis 21 Uhr statt. Kostenlos anmelden können Sie sich hier.

 

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