Interview

Wasser muss auf Agenda des Weltklimarats

Wasser ist im globalen Süden bereits heute so knapp, dass es zu massiven Problemen kommt. Anlässlich des Thementages Wasser bei der diesjährigen Klimakonferenz in Sharm El Sheik haben wir den Direktor unseres langjährigen Partners Climate Action Network (CAN) Tanzania, Dr. Sixbert Mwanga, zu seinen Eindrücken aus seiner Heimat befragt. Er fordert: Wasser muss ins Zentrum der Klima-Debatten.

Von Dr. Ingrid Jacobsen am
Sixbert Mwanga bei der COP 27 in Ägypten.

Sixbert Mwanga ist Direktor des Climate Action Network Tanzania.

Sehr geehrter Dr Mwanga, könnten Sie uns bitte etwas zu Ihrer Person und zu Ihrer Arbeit bei Climate Action Network (CAN) Tanzania berichten?

Ich habe Geographie und Umweltwissenschaften studiert. Mein besonderes Forschungsinteresse liegt in der Verwundbarkeit der Bevölkerung durch den Klimawandel. Dabei interessiert mich, wie sich der Klimawandel auf die Wasserversorgung der Menschen und auf ihre Optionen auswirkt, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Als Direktor von CAN Tanzania bin ich dafür zuständig, dass die Ziele der Organisation, die sich auch mit der Einführung von erneuerbaren Energien befasst, verständlich formuliert und umgesetzt werden.

Wie und seit wann macht sich der Klimawandel in Ihrem Arbeitsbereich konkret bemerkbar?

In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist es in den meisten Teilen Tansanias zu einem immer stärkeren Temperaturanstieg gekommen, der mit langanhaltenden und häufigen Dürren einhergeht. Diese führen zu Ernteausfällen, dem Verlust von Weideland und dem Austrocknen von Wasserquellen. Ein weiteres Problem ist die Veränderung der Niederschlagsmuster. Wir haben immer häufiger mit abnormalen Regenfällen zu tun, die zu Überschwemmungen führen. Gefährlich ist auch der Anstieg des Meeresspiegels, insbesondere in den Küstengebieten. Dieser hat sehr negative Effekte auf die Besiedlung dort und führt zum Eindringen von Salzwasser in die unterirdischen Süßwassersysteme.

Was bedeutet das für die Verfügbarkeit von Trinkwasser, von Wasser für die Nahrungsmittelproduktion und für die Abwasserentsorgung?

Die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels in Ostafrika und insbesondere in Tansania sind mit langanhaltenden Dürren verbunden, die die Verfügbarkeit von Wasser beeinträchtigen. Die meisten Flüsse und anderen Quellen sind weitgehend ausgetrocknet oder sogar ganz versiegt. In den Küstengebieten kommt es aufgrund des Anstiegs des Meeresspiegels zu einem Eindringen von Salzwasser in die meisten Süßwasserquellen, einschließlich Flüssen und Bohrlöchern. Das stellt insbesondere für Frauen und Kinder, die auf der Suche nach dieser unersetzlichen Ressource weite Strecken zurücklegen müssen, eine zusätzliche Belastung dar. Die Wasserknappheit hat zudem den Wettbewerb und die Interessenskonflikte zwischen den Akteuren verschärft. Das führt zu Konflikten im Zusammenhang mit Wasser beispielsweise zwischen Kleinbauern und Viehzüchtern. Auch die Spannungen zwischen den Bäuerinnen und Bauern flussaufwärts und flussabwärts nehmen zu, da die ungünstig gelegenen Kleinbetriebe flussabwärts nicht mehr genügend Wasser bekommen, wenn flussaufwärts die Felder ausreichend bewässert werden. Großes Konfliktpotential gibt es außerdem zwischen den angestammten Nahrungsmittelproduzentinnen und Produzenten und privaten Investoren, die Wasser für ihre Industrieproduktion beanspruchen.

Wie gehen die Menschen mit den Wasserproblemen um? Was sind ihre Strategien? 

Die Menschen versuchen, ihren Wasserverbrauch einzuschränken. Viele verlagern die Nahrungsmittelproduktion an andere Orte. Da die Wasserversorgung dort aber auch nicht ausreichend ist, führt das natürlich zu weiterem Wettbewerb und zu neuen Konflikten um das Wasser.

Was sind mögliche Lösungen?

Wir vermitteln und fördern wassersparende Methoden wie beispielsweise die Tröpfchenbewässerung. Wichtig ist aber auch eine Verbesserung von Technologien zur Wassergewinnung und -speicherung, insbesondere das Auffangen von fließendem Wasser und Regenwasser für öffentliche Gebäude, Schulen und Industriegebäude. Zunehmend werden wir aber auch Grundwasserquellen erschließen müssen.

Welchen Beitrag erwarten Sie von der internationalen Gemeinschaft und der Klimakonferenz zur Lösung der weltweiten Wasserkrisen?

Das Wasser wird in vielen Regionen des Globalen Südens immer knapper und immer mehr Gemeinschaften geraten unter Wasserstress. Deswegen sollte die internationale Gemeinschaft jetzt dringend zusammenarbeiten, um die erforderlichen Ressourcen und Technologien zur Nutzung des Grundwassers bereitzustellen.

Meine Erwartungen und Forderungen an die COP27:

  • Einigung auf die Aufnahme von Wasser in die ständige Agenda der UNFCCC.
  • Einigung über die Mobilisierung der erforderlichen finanziellen Mittel und Technologien zur Erhaltung der verbleibenden Wasserreserven.
  • Bewältigung wasserbezogener Katastrophen in Form von Starkregen und Überschwemmungen sowie von Dürren durch geeignete Anpassungsmaßnahmen im Globalen Süden.

Dr. Mwanga, wir danken Ihnen für das Gespräch!

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