Mit Wasserstoff können die Stahl- oder Chemieindustrie mit Energie versorgt werden, ohne Treibhausgase auszustoßen. Da der dafür notwendige Wasserstoff nur teilweise in Deutschland produziert werden kann, wird die Bundesregierung in Kürze eine Wasserstoff-Importstrategie veröffentlichen. Die Strategie soll darlegen, wie die benötigten Mengen Wasserstoff sichergestellt werden und dabei nachhaltige Lieferketten und Standards der Wasserstoffproduktion etabliert werden können. Jetzt kommt es drauf an: Will die Bundesregierung möglichst viel erneuerbaren und fossilen Wasserstoff zu möglichst günstigen Preisen importieren, auch wenn die Exportländer im globalen Süden die negativen Folgen der Produktion zu tragen hätten? Oder folgt sie ihrer eigenen Ankündigung, die sie in der Nationalen Wasserstoffstrategie formuliert hat, und baut einen nachhaltigen und gerechten globalen Markt auf?
Seit langem fordert Brot für die Welt mit vielen Organisationen der deutschen Zivilgesellschaft von der Bundesregierung, ausschließlich grünen, erneuerbaren Wasserstoff zu fördern, Wasserstoff nur dann einzusetzen, wenn keine direkt elektrischen Lösungen verfügbar sind, und für Wasserstoffimporte verbindliche Nachhaltigkeitsstandards zu verankern und umzusetzen.
Gerechte Verteilung finanzieller Risiken
Ein Forderungspapier von Klima-Allianz Deutschland, Brot für die Welt und weiteren Organisationen konkretisiert diese Forderungen. Die Bundesregierung muss Nachhaltigkeitskriterien in die Importstrategie integrieren, um negative sozial-ökologische Auswirkungen in Exportländern zu vermeiden, insbesondere hinsichtlich Wasserbedarf, Landnutzung und Energiearmut.
Darüber hinaus fordern wir, Länder im Globalen Süden dabei zu unterstützen, Wasserstoff vor Ort zu nutzen und zusätzliche Wertschöpfung aufzubauen. Dafür sind unter anderem Wissensaustausch, Technologietransfer, Einbindung der Zivilgesellschaft, Transparenz, Vermeidung von übermäßiger Verschuldung der Exportländer und eine gerechte Verteilung finanzieller Risiken notwendig.
Studie zeigt Weg zu nachhaltigem Wasserstoffmarkt
Klar ist aber auch: Es reicht nicht aus, sich lediglich zu Nachhaltigkeitszielen und -kriterien zu bekennen. Um einen gerechten Handel mit Wasserstoff aufzubauen, muss die Importstrategie einen gut abgestimmten Mix aus verschiedenen Politikinstrumenten benennen. Welche bereits existierenden Instrumente das sein können und wie sie aufeinander abgestimmt werden müssen, hat das Wuppertal Institut im Auftrag von Brot für die Welt und der Heinrich Böll Stiftung in einer Studie untersucht.
Die Kurzstudie Politische Instrumente zur Gewährleistung der Nachhaltigkeit von Wasserstoffimporten untersucht, welche bereits existierenden Politikinstrumente geeignet sind, Nachhaltigkeitskriterien für Importe von Wasserstoff und seiner Derivate zu verankern und im Zusammenspiel den Weg zu einem nachhaltigen globalen Wasserstoffmarkt zu unterstützen.
Harmonisierung der Instrumente
Ein zentrales Ergebnis der Kurzstudie: Die Einhaltung und Umsetzung solcher Kriterien kann nicht durch ein einzelnes Politikinstrument gewährleistet werden, sondern nur durch ein strategisches Zusammenspiel verschiedener Instrumente. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Instrumente gut aufeinander abgestimmt sind. Regulatorische Instrumente wie das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verpflichten Unternehmen, auf soziale und ökologische Standards in ihren Vorketten Einfluss zu nehmen. Dies kann ein wichtiger Baustein auch für eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft sein. Zusätzlich können ökonomische Instrumente, wie Kredite oder Klimaschutzverträge, bereits in der Projektplanung zur Verankerung von Nachhaltigkeitskriterien beitragen. Die Bundesregierung kann in ihren Förderinstrumenten direkt auf die Auswahl der Kriterien Einfluss nehmen und durch strenge Nachweisanforderungen sicherstellen, dass die Kriterien auch eingehalten werden.
Kollaborativ mehr Wertschöpfung ermöglichen
Darüber hinaus müssen die Kriterien in Forschungskooperationen, Energie- und Wasserstoffpartnerschaften sowie in der Entwicklungszusammenarbeit konsequent verankert werden, damit exportierende Länder die Möglichkeiten erhalten, selbst Industrien aufzubauen, die Wasserstoff als Energieträger nutzen können. Dafür sind der Aufbau von Infrastruktur, Ausbildungsprogramme oder Technologietransfer grundlegende Hebel, die über Partnerschaften genutzt werden können.
Viele der hier notwendigen Kriterien, wie zum Beispiel die Einhaltung von Arbeitssicherheit, Menschenrechten oder Umweltauflagen etwa für Abwasser erfordern eine kontinuierliche Überprüfung. Auch dafür sind kollaborative Verfahren notwendig, die die lokale Zivilgesellschaft und lokale Wirtschaftsakteure einbeziehen müssen.
Nicht die Fehler des fossilen Zeitalters wiederholen
Fazit: Die Bundesregierung spielt eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung von Fördermechanismen und Anreizsystemen für nachhaltige Wasserstoffimporte. Denn sie kann durch ihre Förderinstrumente Standards für den globalen Wasserstoffhandel setzen. Es liegt nun an der Bundesregierung, die Fehler des fossilen Energiesystems nicht zu wiederholen. Globale Gerechtigkeit und Klimaschutz müssen auch in der Wasserstoffstrategie Hand in Hand gehen.