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Wonach sich junge Menschen in Niger sehnen

Maimou Wali ist die Vorsitzende des nigrischen Vereins Cercle Dev, einem Partner von Brot für die Welt, der mit Jugendlichen zum Thema Frieden in Niger arbeitet. Nach dem Putsch vom 26. Juli - wie geht es nun weiter? Was hat sich für ihre Arbeit mit den jungen Menschen verändert? Ein Interview.

Von Romain Thiollier am
Maimou Wali ist die Vorsitzende des nigrischen Vereins Cercle Dev, einem Partner von Brot für die Welt, der mit Jugendlichen zum Thema Frieden in Niger arbeitet.

Frau Wali, können Sie die derzeitige Situation in Niger beschreiben?

Am 26. Juli 2023 fand ein Putsch statt. Die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS hat sehr harte Sanktionen verhängt und mit einer militärischen Intervention gedroht.Niger ist an der Basis durch Al-Qaida, den Islamischen Staat und Boko Haram sehr destabilisiert. Außerdem gibt es dort sehr viele Vertriebene und Flüchtlinge. Eine militärische Intervention wäre daher sehr gefährlich. Vor allem mit Blick auf die Entwicklungen nach der westlichen Intervention im Nachbarland Libyen im Jahr 2011.

Diese internationale Reaktion sollte die Putschepidemie in Mali, Burkina Faso und Guinea beenden. Aber ich ziehe den Vergleich mit dem doppelseitigen Spiegel: Man muss auch die andere Seite des Spiegels sehen. In den letzten Jahren haben die Menschen in Niger keine Fortschritte bei der Regierungsführung, der Beschäftigung junger Menschen und der Bekämpfung des gewalttätigen Extremismus gesehen.

"War das Regime vor dem Putsch wirklich demokratisch?"

Und es stellt sich die Frage: War das Regime vor dem Putsch wirklich demokratisch? Die BürgerInnen, AktivistInnen und JournalistInnen, die diese Situation angeprangert haben, haben zumeist die Erfahrung gemacht, ins Gefängnis zu gehen, und das schon bei der kleinsten kritischen Veröffentlichung auf Facebook Entgegen vieler westlicher Analysen demonstrierten die Jugendlichen nach dem Putsch nicht, um ihre Unterstützung für das Militär auszudrücken, sondern um ihre Wut über die unerträgliche Situation zum Ausdruck zu bringen.

Was sind die Bedürfnisse der Jugendlichen?

Erstens brauchen sie ein Bildungssystem, das in der Lage ist, den Analphabetismus wirksam zu bekämpfen. Zweitens wollen sie eine respektvollere Kooperationsbeziehung mit den ehemaligen Kolonialherren, um die scheinbar paternalistische Rhetorik zu beenden. Die Jugendlichen sehnen sich nach tatsächlicher, nach echter Unabhängigkeit. Frankreich soll aufhören, sich in die Wahl der nigrischen Führung einzumischen. Die Jugendlichen wollen auch, dass die Gewalt in der Sahelzone aufhört und dass Niger auf der internationalen Bühne glänzt. Sie stellen sich die Frage: Warum ist Niger das ärmste Land der Welt, wo es doch Öl, Gas, Uran und Sonnenlicht hat, die in Energie umgewandelt werden können?

"Wir geben ihnen das Rüstzeug, damit sie lernen, ihre Wutbotschaften gewaltfrei auszudrücken"

Wie ist Ihre Organisation Cercle Dev derzeit im Niger tätig?

Cercle Dev führt Projekte zur Friedensförderung, zum sozialen Zusammenhalt, zur Kultur der Gewaltfreiheit und zur Staatsbürgerschaft unter Jugendlichen durch. Wir geben ihnen das Rüstzeug, damit sie lernen, ihre Wutbotschaften gewaltfrei auszudrücken. Darüber hinaus begleiten wir sie in den Bereichen berufliche Kompetenzen und Unternehmertum. Dies trägt u.a. dazu bei, zu verhindern, dass sie von extremistischen Gruppen rekrutiert werden.

Gelingt es jungen Menschen, sich im derzeitigen, stark polarisierten Umfeld auf friedliche Art und Weise politisch zu engagieren?

Ja, es gab starke gewaltfreie Diskurse, die von den Jugendlichen bei den Massenmobilisierungen nach dem Putsch getragen wurden. Alle Demonstrationen und Debatten verliefen friedlich. Das beweist auch die Tatsache, dass es keine Toten gab. Die Jugendlichen engagieren sich für einen Wandel hin zu echter Demokratie und einer Win-Win-Kooperation mit Frankreich.  Die  Jugendlichen beobachten die Situation genau und ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass sie in der Lage sein werden, nein zu sagen, wenn das Militär versucht, an der Macht zu bleiben und sich weigert, Wahlen abzuhalten.

 

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