Um das Ausmaß dieser tagtäglich begangenen Menschenrechtsverletzungen zu veranschaulichen – ein Gedankenexperiment: Es leben rund 27 Millionen Menschen in Australien. Stellen Sie sich vor, sie alle, also auch die Kinder, sind versklavt. Sie arbeiten für eine geringe, keine Bezahlung oder unter Zwang, sie erleiden sexuelle Gewalt und Ausbeutung, sie sind gefangen in Schuldknechtschaft. Die Bewohner*innen eines ganzen Landes: ausgebeutet. Wie würde die Welt auf diese dystopische Situation reagieren?
Wahr ist, es gibt sie, 27 Millionen Menschen, die tagtäglich unter Zwangsprostitution, Arbeitsausbeutung, Organhandel oder dem Zwang, kriminelle Aktivitäten und Bettelei auszuführen, leiden. Es ist keine Dystopie, es ist die Realität. Millionen Zwangsverheiratungen, die jährlich geschehen, muss man noch dazu addieren.
Sie leben unter uns, oft ungesehen, still leidend.
Doch diese (mindestens!) 27 Millionen Menschen leben nicht in einer Region oder nur in einem Land, wie in unserem Gedankenexperiment. Sie leben unter uns, oft ungesehen, still leidend. Millionen Erwachsene und Kinder werden, um des Profits willens, in so gut wie allen Ländern der Welt ausgebeutet und erfahren psychische und physische Gewalt – auch in Deutschland. Es ist der Wunsch nach einem (besseren) Einkommen, nach einem besseren Lebensumfeld, den Menschenhändler ausnutzen. Der Handel mit Menschen geht der Ausbeutung voraus. Menschen verdienen Geld damit, andere Menschen zu kaufen, zu transportieren, anzubieten, sie in Schuldknechtschaft gefangen zu halten und gefügig zu machen, gar zu foltern. Bei Erwachsenen wächst die Gefahr, von Menschenhandel betroffen zu sein, mit sinkendem Einkommens- und Bildungsniveau. Einer Minderheit anzugehören, oder die Geschlechtszugehörigkeit sind ebenfalls treibende Faktoren. Ein Viertel der heutigen Sklaven sind Kinder – mindestens sieben Millionen.
Wir stellen uns an die Seite der Betroffenen
International gibt es gute Rechtsgrundlagen gegen Menschenhandel. Auf nationalen Ebenen werden sie unterschiedlich gut und erfolgreich umgesetzt. In den meisten Fällen jedoch ist klar: Es bedarf mehr personeller Ressourcen, um die Umsetzung zu gewährleisten. Würden zivilgesellschaftliche Organisationen sich nicht im Kampf gegen Menschenhandel engagieren, wäre die Zahl der Betroffenen mit Sicherheit um ein Vielfaches höher.
In Ländern wie Bolivien, Peru, Lesotho, Tschad, Rumänien, Ukraine, Kambodscha, Laos und Vietnam stellen sich Brot für die Welt und seine Partnerorganisationen vor Ort an die Seite der Menschen, die von Menschenhandel betroffen sind oder waren oder potenziell betroffen sein können. Mit Informations- und Beratungsangeboten leisten unsere Partner Präventionsarbeit, um Menschen vor den Gefahren zu warnen und sie zu sensibilisieren. Informationskampagnen an Schulen bringen sichtbare Erfolge. Zurückgekehrte Betroffene erhalten psychologische Betreuung. Ausbildungsangebote und Arbeitsplatzvermittlung, die viele unserer Partner in ihr Projektprogramm aufnehmen, begünstigen eine sichere Migration innerhalb des Landes, wie auch international.
Gut informierte Menschen, Zugang zu Bildung und Arbeitsplätzen sowie sichere Migrationswege sind der Schlüssel, um Menschenhandel und die Ausbeutung von Menschen zu stoppen.