Palmsonntag – Beginn der Karwoche – 10. April 2022
Wochenspruch: „Der Menschensohn muss erhöht werden, auf dass alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.“ (Johannes 3, 14b.15)
Evangelium: Johannes 12, 12-19: Jesus zieht als sanftmütiger König auf einem Esel in Jerusalem ein.
Predigttext: Johannes 17, 1-8: Jesus betet für die Seinen, die in ihm das Wesen Gottes erkannt haben und nun in der Welt den Glanz Gottes wiederspiegeln werden. Die biblischen Texte des Palmsonntags zeichnen das Bild des Menschensohnes Jesus, der in Sanftmut und liebevoller Hingabe an die Welt den Vater ehrt. Dieses Bild steht in dieser Woche in einem krassen Gegensatz zu den Bildern von grausamen Kriegsverbrechen mit entwürdigt getöteten Zivilistinnen und Zivilisten. Gerade die Dominanz der hochkirchlich empfundenen johanneischen Sprache könnte an diesem Sonntag zu dem Trugschluss führen, als folgten die Christ:innen in der Karwoche einer Erzählung aus einer märchenhaften Parallelwelt, die mit der Reali-tät aktueller Kriegsbilder nichts gemein haben kann. Das Gegenteil ist gemeint: Die Erhöhung des Bildes vom Menschensohn ist not-wendig, um die Schlangenbilder (4. Mose 21, 8-9, Joh 3,14a) zu entmachten, durch die ein Gift nur mit einem stärkeren Gift geheilt werden kann. Der Blick auf die menschgewordene Hingabe Gottes soll ausstrahlen, damit Menschen nicht an den Bildern der Unmenschlichkeit zerbrechen, sondern wieder leben können.
Bilder von Kriegsverbrechen
Du,
Gott Israels und Vater Jesu Christi,
die Bilder von Zerstörung und menschlicher Grausamkeit,
die uns aus der Umgebung von Kiew gezeigt werden,
erfüllen uns mit Trauer und Zorn.
Sie erschüttern unser Vertrauen in eine gemeinsame Basis der Mitmenschlichkeit,
die alle Völker verbindet.
Wir bitten Dich für die,
die persönlich vom Leid der Kriegsverbrechen betroffen sind.
Lass sie Menschen finden,
die mit ihnen über verlorene Angehörige trauern.
Fange sie auf,
dass die Bilder sie nicht in Verzweiflung und Rachegedanken untergehen lassen.
Umgib sie mit Vorbildern liebevoller Hingabe.
Wir bitten dich für die,
die sich zu diesen Taten haben hinreißen lassen.
Heile sie von den Feindbildern,
die ihnen gepredigt wurden.
Erschüttere sie in ihrem Selbstbild,
nichts Schlechtes getan zu haben.
Überwinde ihren Hass durch das Bild deiner hingebungsvollen Liebe.
Wir bitten dich für die,
die in den Medien die Macht über Kriegsbilder und Berichterstattung haben.
Lass sie verantwortlich und wahrhaftig mit den Bildern umgehen.
Lass sie interessengeleitete Manipulationen erkennen und entlarven,
damit der Kreislauf von Hass und Gewalt nicht weitere Nahrung bekommt.
Öffentliche Eingeständnisse von Fehlern
Du,
Gott Israels und Vater Jesu Christi,
wir hören von Politiker:innen und Menschen des öffentlichen Lebens
in der letzten Zeit immer wieder Eingeständnisse
von Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen der Vergangenheit.
Wir danken Dir für den Mut der öffentlichen Eingeständnisse.
Wir bitten Dich für die Kultur der politischen Auseinandersetzung in diesem Land.
Lass Eingeständnisse mit dem ehrlichen Vorsatz verbunden bleiben,
zu besseren Entscheidungen zu finden
und ihnen treu zu bleiben.
Lass sie nicht nur eine Korrektur des Bildes sein,
das die Öffentlichkeit von einem Menschen haben soll.
Schenke öffentliches Umdenken und Neuausrichtung
auch bei den Themen globaler Gerechtigkeit,
die derzeit kaum Aufmerksamkeit erfahren.