Gruppe von Fahrradfahrenden bei der „Brot für die Welt“ Fahrradtour
Rückblick

So war unser Kirchentag

Mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie vielen Ehrenamtlichen war Brot für die Welt vom 7. bis 11. Juni 2023 beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Sie haben den Stand betreut, Diskussionen organisiert und Gespräche geführt. Das Motto des Kirchentags lautete „Jetzt ist die Zeit“. Dies sind unsere Erinnerungen, die über die Zeit im Juni fortdauern werden.

Erlebnisse am Brot für die Welt Stand

Dank des Standdienstes weiß ich jetzt, wie lange sich 15 Minuten anfühlen können. Unsere Kaffeeausgabe war sehr gut besucht, bis die Maschine beschloss, eine Zwangsreinigung durchzuführen und keinerlei Kaffee mehr zubereitete (um dann zwei Stunden später den Dienst völlig zu verweigern). Aber die meistens Wartenden nahmen es doch mit Humor und freuten sich dann sehr über einen frisch gereinigten Kaffee. Gut, dass es dann ab dem zweiten Tag die gute alte Filtermaschine gab. Heike Lemmel, Referentin Spendenverwaltung

Wie geduldig die Menschen sind! Für jede Station beim Ökologischen Fußabdrucktest stehen sie lange an. Wenn sie dran sind, nehmen sie sich unendlich viel Zeit und wollen ein sehr persönliches Gespräch über ihren Lebensstil führen. Ich werde dabei unruhig, weil ich die Wartenden dahinter sehe. Es ist eine riesige Chance – wo sonst bleiben Menschen so lange so konzentriert dabei? Regina Seitz, Referentin für Kirchenkommunikation

Mich hat der Kirchentag beeindruckt und inspiriert, weil mir viele Begegnungen und Gespräche gezeigt haben, wie viel wir für den Klimaschutz in Deutschland und die globale Klimagerechtigkeit bewegen können. Kirche ist beweglich und wir sind viele. Anne Dreyer, Leitung Kommunikation und Fundraising

Für den Klimaschutz müssen keine Mehrheiten mehr gewonnen werden

Die deutsche Kirche, so wie sie sich auf dem Kirchentag darstellt, ist kleiner und diverser geworden. Der Anti-Rassismus-Trainer Lorenz Narku Laing sagte: „Wir machen Rassismus-Panel, um ein Angebot für die Zukunft zu machen. Wir müssen die Menschen, die kommen (also die Geflüchteten), in unsere Kirche hineinholen, damit wir als Kirche in Deutschland eine Zukunft haben“. Oder wie Sarah Vecera, Referentin bei der VEM, es formulierte: „Wir müssen Rassismus in der Kirche schon allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen bekämpfen.“ Findon Mwombeki, Generalsekretär der All Africa Conference of Churches, sagte: „Das Evangelium kommt nicht von Europa, es machte dort nur einen Zwischenstopp“. Die Christ:innen in Deutschland werden sich zunehmend über ihre privilegierte Situation bewusst und stehen an der Seite der Stimmlosen. Michael Billanitsch, Redakteur

Was mich gefreut hat? Der Kirchentag hatte sein Ohr an der Schiene: Viel Raum für viele politische Debatten und Auseinandersetzung in einer Zeit, in denen Debattenkultur oft verroht ist. Es waren Räume und Ohren für viele leise Töne da, nicht für die lautesten. Das tat gut. Was mich ernüchtert hat? Wir sind noch immer dabei, den Klimawandel zu beschreiben, darüber zu sprechen, wer und was ihn verursacht, und welche Folgen er hat. Auf dem Kirchentag hatte ich das Gefühl, dass keine Mehrheiten mehr gewonnen werden müssen. Es muss längst darum gehen, ins Tun zu kommen, Mehrheiten für Lösungen und Anstrengungen zu formulieren, die jede:r Einzelne und viele kirchliche Organisationen voranbringen können. Das beste Zitat? Von Heinrich Bedford-Strohm, wonach die Freiheit nicht mehr daran zu beurteilen sei, wie hoch der Tacho gehen darf, sondern danach, ob wir uns schöpfungsverträglich fortbewegen. Tommy Ramm, Pressesprecher Diakonie Katastrophenhilfe

Eine interessierte Frau betätigte sich gerade am Computerspiel zum Klimawandel und den Anpassungsmaßnahmen von Brot für die Welt-Partnerorganisationen, als unsere Präsidentin vorbeikam und die beiden sich kurz begrüßten. Ich sprach sie darauf an: „Sie kennen wohl Dagmar Pruin, unsere Brot für die Welt-Präsidentin?“. „Ja, ich kenne sie schon sehr lange, seit 48 Jahren – ich bin ihre Schwester“. Es folgte noch ein sehr schönes Gespräch mit der Besucherin. Martin Remppis, Berater für Ernährungssicherung und Recht auf Nahrung

Eine offene Gesellschaft ist keine Selbstverständlichkeit

Mein beeindruckendster Moment: Bei der Diskussion „Jetzt wird’s eng – Wie viel Handlungsspielraum hat die Zivilgesellschaft noch?“, moderiert und organisiert von Kolleg:innen aus dem Haus, lernte ich nicht nur, dass es inzwischen mehr Autokratien (70) als Demokratien (67) gibt. Sondern auch, was passiert, wenn etwa auf den Philippinen Menschen wie der Bischof Antonio Ablon die Regierung kritisieren. Sie werden als „Terroristen“ bezeichnet und geraten in Lebensgefahr. Zwei Stühle weiter saß die Sprecherin der Letzten Generation Carla Hinrichs, die erzählte, wie sie bei der Razzia vor einigen Wochen mit einer Pistole vor dem Gesicht aufwachte. Es ist keine Selbstverständlichkeit, in einer offenen Gesellschaft zu leben – es ist ein Privileg, das es jeden Tag zu feiern, zu pflegen und gegebenenfalls zu verteidigen gilt. Kai Schächtele, Referent Kommunikation und Medien

Der Kirchentag zeigte eine lebendige Demokratie und Menschen, denen Gemeinsinn noch etwas wert ist. Ich war froh zu sehen, dass so viele Menschen aller Altersgruppen mitmischen und mitdiskutieren wollen und Politiker:innen in die Pflicht nehmen. Das ist Streitkultur im besten Sinne – abseits von Hate Speech und Emotionalisierung. Danke dafür! Anne-Katrin Mellmann, Leitung Kommunikation und Medien

Wie am Donnerstag Nachmittag plötzlich der Himmel schwarz wurde und wir uns zusammen mit einigen Jugendlichen in unser Zelt vor dem Gewitter flüchteten, das haben sicher schon andere berichtet. Mich berührte vor allem meine Geschichte mit Nesrin, einem kleinen Mädchen von vielleicht fünf Jahren, das an unserem Stand aufgetaucht war. Erst hat sie in kindlicher Versunkenheit eine Blume an unser Mural gemalt, dann sehr viel Farbe auf sich selbst verteilt. Wir fragten uns, wo sie denn eigentlich hingehört, denn die Eltern waren nicht zu sehen. Auf ihren Hinweis, dass ihr Papa den Leuten Essen gibt, klapperte ich alle Versorgungsstände in der Nähe ab und fand Mama und Papa am Dönerstand. Die waren ganz entspannt, da sich das Kind wohl gerne anmalt. Zum Glück konnten wir sie gerade noch davon abhalten, ihre angemalten Händchen an uns oder dem Kunstwerk abzuwischen. Offensichtlich hatte sie großen Spaß und sich bei uns sehr wohlgefühlt. Michaela Bode, Sachbearbeiterin Finanzielle Förderung

Ringen um die Folgen des Kolonialismus

Eine Gruppe der Brot für die Welt-Jugend verteilte nach dem Abschlussgottesdienst noch übrig gebliebene Schokolade, Einladungen zu Youthtopia und ins Gesicht gemalte Herzen. Zwar wollten nicht viele ein orangenes Herz auf der Wange haben, aber die meisten begannen dadurch zu lächeln. Nchimunya Mandevu, eine junge Frau aus Sambia, die gerade über Brot für die Welt einen Freiwilligendienst in Deutschland leistet, sprach zwei Frauen an und es entstand ein langes Gespräch. Es stellte sich heraus, dass die Tochter der einen Frau in zwei Monaten nach Sambia reist, um dort einen einjährigen Freiwilligendienst anzutreten – und zwar bei Nchimunya, die dann wieder bei unserer Partnerorganisation im Bildungsbereich arbeitet. Die Begegnung war völlig zufällig und die beiden kannten sich vorher nicht. Beim Kirchentag treffen sich ferne Nächste. Johannes Küstner, Jugendbildungsrefrent

Mich hat es besonders beeindruckt, dass es Formate und Diskursräume gab, wo über die Folgen des Kolonialismus und die nötigen Strukturveränderungen gerungen wurde. Besonders berührt hat mich der Beitrag von James Bhagwan im Rahmen des politischen Gebets zur Nacht, das er zusammen mit Dagmar Pruin ausgestaltet hat. Er brachte aus seiner Heimat Fiji eine Matte mit, die verdeutlicht wie alles über unterschiedliche Stränge „strands“ miteinander verwoben ist. Seine Worte sind mir noch sehr deutlich im Ohr: “There are strands missing in the global conversation, which are the voices of those most affected by the ecological crisis this planet is facing, the voices of indigenous communities whose traditional knowledge, wisdom and science hold the key to saving this planet, voices of people shouting to be able to determine their own future, shouting for freedom and fighting to throw off the shackles of colonialism and neo-colonialism. These are voices that are either ignored or silenced, time and time again.” Petra Kohts, Leitung Globales Lernen

„Wir können nicht malen“

Eine meiner Aufgaben auf dem Kirchentag war es, beim Stand der Brot-Jugend Maler:innen für das Mural von Brot für die Welt zu gewinnen. Besonders in Erinnerung sind mir zwei Jungs geblieben, vielleicht acht und zehn Jahre alt, die mit ihren Rollern stets in der Nähe des Standes gekreist sind. Sie haben sich nach wenigen Anläufen dann überreden lassen, bei dem Kunstwerk mitzumalen. Aus einem anfänglichen „Wir können nicht malen!“ und „Was soll das überhaupt sein?“ sind dann fast zwei Stunden intensiven Malens geworden. Ich war sehr beeindruckt. Dr. Stephanie Neumann, Fundraiserin


Ein Eckart von Hirschhausen-Fan kommt zum Brot für die Welt-Messestand und möchte nach der für ihn eindrücklichen Veranstaltung in der Frankenhalle mit dem Titel „Jetzt. Ein sattes Fest des Lebens“ mehr über unsere Klimaprojekte herausfinden. Denn dieses Thema hat er bisher mit unserem Hilfswerk noch nicht verbunden. Beim „Klima-Challenge“-Spiel wählt er trotzdem sofort die passenden Projekte aus der Fotoauswahl von landwirtschaftlichen Klimaschutzprojekten aus. Ein Gespräch über die Arbeit unserer Partnerorganisationen in Afrika folgt, und er fügt hinzu, dass er nun unsere Arbeit unterstützen möchte. Aber nicht nur das, er will gleich noch unseren Stand zum „Ökologischen Fußabdruck“ besuchen und ganz konkret schauen, wie er persönlich in seinem Alltag mehr fürs Klima tun kann. Ein Kreis schließt sich vom Großen, Globalen zum Individuellen. Schön mitzuerleben, dass unsere Angebote auf dem Kirchentag, die beim Thema Klima auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen, so gut angenommen werden. Stefanie Zobel, Sachbearbeiterin Spendenverwaltung

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Kleinbäuerin Claudine Hashazinyange mit Avocados vom Baum ihres Schwiegervaters.

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148 € (Spendenbeispiel) Mit 148 € kann zum Beispiel ein Regenwassertank mit 2.000 Liter Fassungsvermögen gekauft werden.

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