Ein Blick durch die Virtual Reality-Brille – und plötzlich steht Lara am anderen Ende der Welt. Im 360 Grad-Rundgang kann sie in besonders vom Klimawandel betroffene Regionen eintauchen. Projektpartner von Brot für die Welt und terre des hommes in Indonesien, Indien, Äthiopien und Argentinien geben realitätsgetreue Einblicke.
Entwickelt hat die Ausstellung „Fluchtgrund Klimawandel“ der Osnabrücker Verein Exil e.V., der sich rund um die Themen Flucht und Migration einsetzt. Im Herbst 2023 wurde die Ausstellung an der IGS Osnabrück-Eversburg eröffnet. Nun wird sie bis 2025 an 25 bundesweiten Standorten zu sehen sein. Brot für die Welt hat sich mit Inhalten an der Ausstellung beteiligt.
Virtual Reality-Brillen, mit denen man per 360°-Ansicht in Projektbeispiele reisen kann, sind dabei nur eines der digitalen Angebote, das die Ausstellung hautnah erlebbar macht. Eine Weltkarte mit Videos von Klimazeug*innen und Tablets mit Tipps und Adressen für eigenes Engagement: Exil e.V. setzt mit den Exponaten auf Innovativität und Nähe zur Zielgruppe. Das Ziel der Ausstellung ist es, zu informieren, zu sensibilisieren und manchmal vielleicht auch ein wenig provokant zu sein. Denn für Viele ist der Klimawandel noch immer ein abstraktes Problem. Daher sollen besonders junge Menschen motiviert werden, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich zu fragen, welche Auswirkungen das eigene Handeln auf die Gesellschaft haben kann.
Um die Lücke zwischen Wissen und Handeln zu schließen, bedarf es konkreter und anschaulicher Beispiele und niedrigschwelliger Lösungsansätze. „Denn der Klimawandel ist bisher noch kein anerkannter Fluchtgrund im Asylrecht und doch flieht ein Großteil der Menschen auf der Welt auch aufgrund klimabedingter Veränderungen“, beschreibt Feline Engling Cardoso, Referentin in der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit des Exil e.V.
In der Ausstellung erzählen Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund ihre ganz eigenen Geschichten. Das war den Organisatoren der Ausstellung besonders wichtig. Fünf Klimazeug*innen aus Kolumbien, Marokko, Sri Lanka, dem Sudan und dem Iran berichten deshalb per Video von den Veränderungen in ihren Heimatländern. So wie Mina Oubelouali aus Marokko: „In meiner Kindheit hatten wir noch vier Jahreszeiten, davon ist jetzt nichts mehr zu spüren“, erzählt sie in ihrem Videointerview mit dem syrischen Regisseur und Filmemacher Maan Mouslli. „Früher war das Land noch grün und wir mussten nicht kilometerweit laufen, um Wasser zum Trinken, Waschen oder Baden zu holen.“
Um die Jugendlichen nachhaltig für die Themen Umwelt und Nachhaltigkeit zu begeistern, haben sie die Möglichkeit sich als Ausstellungsbotschafter*innen schulen zu lassen. Neben dem eigenen Testen der Exponate, können sie ihre sowie andere Schulklassen durch die Ausstellung begleiten. Interessierte Schulen und Einrichtungen können sich noch bis Februar 2025 melden, um die Ausstellung kostenlos auszuleihen. Hinweise zur Anmeldung und weitere Informationen zum Projekt finden Sie unter: https://fluchtgrundklimawandel.de/das-projekt/
3 Fragen an Feline Engling Cardoso, Referentin in der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit des Exil e.V.:
Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, eine Ausstellung zum Fluchtgrund Klimawandel zu gestalten?
Bislang sind klimatisch bedingte Veränderungen international asylrechtlich nicht als Fluchtursache anerkannt. Gleichzeitig verlieren immer mehr Menschen aufgrund klimatischer Veränderungen wie Extremwetter ihre Lebensgrundlage, sodass Flucht und Migration häufig als einziger Ausweg bleiben. Die Betroffenen sind dieser Situation oft schutz- und mittellos ausgeliefert und können z.B. auch keinen Anspruch auf Asyl erheben. Der Klimawandel als Verursacher und Verstärker von weltweiten Fluchtbewegungen ist folglich sowohl in der Öffentlichkeit und der schulischen Bildungsarbeit wenig präsent. Als Verein, der sich für Menschenrechte und Menschen auf der Flucht einsetzt, verstehen wir es als unsere Aufgabe, diesen Menschen Gehör zu verschaffen und auf diese Schieflage aufmerksam zu machen. Die Idee gab es schon lange und die Vorbereitungen bis hin zur Projekt-Antragsstellung hatten einen Vorlauf von mehreren Jahren.
Warum ist die Ausstellung interaktiv mit digitalen Elementen versehen?
Die Ausstellung ist bewusst interaktiv ausgerichtet und mit digitalen Elementen versehen, da wir so auf Innovativität setzen und Nähe zur Zielgruppe herstellen wollen. Durch das Zusammenspiel aus innovativer Technik, interaktivem Ausstellungscharakter, der Zusammenarbeit mit Betroffenen und aktiver Ermutigung zu Umwelt- und Klimaschutz kann die Ausstellung das anbieten. Abstraktes wird mit Virtueller Realität unmittelbar vor Augen geführt und somit "erlebbar". So auch am Info-Terminal, wo konkrete Handlungsoptionen für das eigene Umweltverhalten angeregt und an die Hand gegeben werden.
Wen wollt Ihr mit der Ausstellung erreichen – und warum?
Mit unserer Ausstellung wollen wir insbesondere Jugendliche der siebten bis 13. Jahrgangsstufen, aber auch weitere Ausstellungsbesucher*innen erreichen. Unser Ziel ist es Wissen zu vermitteln und sie nachhaltig, für die Zusammenhänge zwischen modernen Wohlstandsgesellschaften und weltweiten Fluchtbewegungen, zu sensibilisieren. Zeitgleich wollen wir aber auch Lösungsansätze aufzeigen. Wir möchten insbesondere diese Zielgruppe, als Zukunft von Morgen, informieren und sensibilisieren, sowie zu aktivem Handeln für den Klima- und Umweltschutz bewegen. Die Schüler*innen sind dabei nicht nur Ausstellungsbesucher*innen, sondern gleichfalls Multiplikator*innen für ihre Peergroup.
Vita Feline Engling Cardoso
Feline Engling Cardoso ist bei Exil e.V. in der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit tätig und nach ihrer Elternzeit seit kurzem wieder die Verantwortliche für das Bildungsprojekt "Fluchtgrund Klimawandel". Von Haus aus ist Cardoso Politikwissenschaftlerin – spezialisiert auf Migrationspolitik und Menschenrechte – und Journalistin.