Das Land in Nandi Hills im Westen Kenias ist trocken und sandig. Die Bodenerosion macht den Kleinbäuer*innen der Gegend die Arbeit schwer, vor allem an den Hängen, die vorhandenen Wasserbestände müssen konserviert werden. Dabei hilft Peter Nyorsok, Direktor der Anglican Development Services, des Entwicklungsdienstes der Anglikanischen Kirche in Kenia mit Unterstützung von Brot für die Welt.
In der vergangenen Woche war Peter Nyorsok zu Gast in der Landeskirche Hannovers, wo er am Dienstag, den 05. Dezember in der Schwaneneburg von seiner Arbeit und seinen Erfahrungen mit den Kleinbauerfamilien vor Ort berichtete. Seine Zuhörer*innen waren Menschen, die sich für Brot für die Welt engagieren, die sich mit Ernährung auf globaler Ebene auseinandersetzen, denen eine gerechtere Verteilung von Lebensmitteln am Herzen liegt.
„Wandel säen“ lautet das Motto der 65. Aktion Brot für die Welt. Ein dringender Appell, unser Ernährungssystem zu verändern, wie Denise Irmscher, Referatsleiterin Brot für die Welt in der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers und der Ev.-Luth. Landeskirche Schaumburg-Lippe, eingangs erwähnt, „denn es ist weder nachhaltig, noch fair.“ Eine gesunde Ernährung aller Menschen auf diesem Planeten ist möglich, es scheitert insbesondere an der Verteilung.
Die von Peter Nyorsok unterstützten Projekte helfen, die Strukturen zu verändern und so Grundlagen zu schaffen, damit Menschen im Nordwesten Kenias unabhängiger von den immer deutlicher spürbaren Veränderungen durch den Klimawandel werden können. So beispielsweise Mary Lagat, Kleinbäuerin aus der Region, die er in einem Film und anhand von Fotos und persönlichen Schilderungen vorstellte.
Dabei geht es um den eigenverantwortlichen Anbau und um nachhaltige Bewirtschaftung. Dazu wurden ihr in dem Projekt technische Lösungen vermittelt, Grundlagen des Energiesparens und auch zur Nutzung von Sonnenenergie. Inzwischen bewirtschaftet Mary ihren Hof sehr erfolgreich, nutzt auch traditionelles Saatgut und lokale Technologien, die sie deutlich krisensicherer machen.
Traditionell nutzen die Menschen dort Feuer als Wärme- und Lichtquelle. Solarenergie ist dafür eine naheliegende (und sicherere) Alternative und ein guter Weg für die Zukunft. Nur müssen die Menschen eben an diese Neuerungen herangeführt werden. Das ist auch Ziel der Projekte, die der Entwicklungsdienst in Kenia unterstützt: Wissensvermittlung und Stärkung von Kompetenzen als Grundstein für Veränderungen.
Außerdem wurden mit Unterstützung von Brot für die Welt Obstbäume an Schulen gepflanzt, verbunden mit der Vermittlung des Wissens, wie diese Pflanzungen nachhaltig sein können. Wichtig sei, so erläuterte Peter Nyorsok, die Vernetzung vor Ort, die Einbindung der Kommunen und eben auch die Eigenverantwortlichkeit der Landwirt*innen. Insgesamt wurden mit den Geldern seit 2018 fünf Projekte gefördert und so 84 000 Menschen unterstützt.
„Einer von drei Menschen in Kenia ist von Nahrungsunsicherheit betroffen“, mahnt Peter Nyorsok, Gründe sind Armut, fehlender Zugang zu Ressourcen sowie immer unkalkulierbarere Dürren, die die Ernte bedrohen. Die geförderten Projekte sollen helfen, Lösungen zu finden, um diese Unsicherheiten zu minimieren, und sind eine Anpassung an den weltweiten Klimawandel, der nicht nur in Kenia Veränderungen erforderlich macht.
„Sowing seeds of change“ ist für ihn nicht nur ein Motto, sondern eine Lebensaufgabe. Der Einfluss der multinationalen Firmen in Afrika ist groß, was eine Form der Kolonialisierung sei, sagt er. Davor möchte er die Menschen in seiner Heimat schützen.
Weitere Referentin war Natalia Spetter, Projektkoordinatorin Weltbaustelle Ernährung des Verbandes Entwicklungspolitik in Niedersachsen e.V. (VEN). Dahinter verbirgt sich ein Netzwerk in ganz Niedersachsen, das Lösungen für gerechtete und ökologische Nahrungsverteilung und Ernährung entwickelt. Vielen ist die Verschiffung von Nahrungsmitteln rund um die Welt nicht bewusst, so Natalia Spetter, vor allem nicht die Probleme, die das für die Umwelt, für die lokale Wirtschaft in vielen Regionen und auch die dortige Landwirtschaft mit sich bringt.
„Durch die Globalisierung sind wir alle gefordert“, sagt sie, denn es ist ein fragiles System, bildlich eben eine weltweite Baustelle, an der es zu arbeiten gilt. Erster Schritt ist es, Akteur*innen zusammenzubringen und Verständnis für Lieferketten zu schaffen. Wir essen Mangos aus Indien, unsere Nutztiere werden mit Soja aus dem brasilianischen Regenwald gefüttert, während wir Milchüberschuss nach Afrika exportieren.
Das sei vielen nicht bewusst, vor allem nicht, welche Folgen es hat, auch für Kleinbäuer*innen wie Mary Lagat in Nandi Hills. Daher war sie ebenso wie Peter Nyorsok dankbar für die Gelegenheit zu diesem Denkanstoß und ebenso für die anschließenden Gespräche und den Austausch mit vielen, denen der Hunger in der Welt, eine gerechte Verteilung und Nachhaltigkeit für unsere Welt ebenso am Herzen liegen.
Interview mit Peter Nyorsok
Peter, die 65. Aktion Brot für die Welt steht unter dem Motto „Wandel säen“. Hier bei uns in Deutschland merkt man immer wieder, dass viele Menschen Angst vor Veränderungen haben. Wie ist das in Kenia?
„Das Bewusstsein wächst, dass es in der Produktion von Lebensmitteln einen Wandel geben muss, denn es gibt Veränderungen in den Wettermustern. Die Regenzeiten verschieben sich, es gibt Überflutungen, was auch die Agrarsaison beeinflusst. Es gibt also ohnehin einen Wandel.“
Wird die Welt Ihrer Meinung nach in 15 bis 20 Jahren gespaltener oder gerechter sein als heute?
„Wir sind gespalten und das muss sich ändern. Daher versuchen wir, in der jungen Generation ein Bewusstsein zu schaffen, die heutigen Probleme anzugehen, und Demokratien zu stärken. Wir Menschen tragen die Verantwortung für unsere Welt.“
Dritte Frage für das Interview der Landeskirche. Basierend auf den Vorträgen von Peter und der Vertretung von Veit auf der Weihnachtsmarktbühne:
Du sprichst von Verantwortung. Was bedeutet die Unterstützung der Gemeinden hier vor Ort für Eure Arbeit in Kenia?
Die vielfältigen Aktionen der Kirchengemeinden, durch die sie Spenden für Brot für die Welt sammeln, sind eine große Bereicherung. Es zeigt, dass es einen globalen Zusammenhalt gibt und erkannt wird, wie wichtig die Arbeit unserer Organisationen für eine nachhaltige Veränderung ist.
Interview mit Natalia Spetter:
Wen bringt ihr an einen gemeinsamen Tisch?
„Alle, die mit Ernährung zu tun haben. Es können Umweltverbände sein, kirchliche Organisationen. Es ist einfach wichtig, sich zu vernetzen und Menschen für Auswirkungen auf den Globalen Süden zu sensibilisieren.“
Wodurch fördern wir hier den Hunger in der Welt?
„Wenn wir beispielsweise Tier- und Milchprodukte überproduzieren und in Westafrika vermarkten, ist es dort viel günstiger als die dortige Produktion. Dadurch können die kleinen Bäuerinnen dort nicht überleben und verlieren ihre ganze Existenz. Somit schaffen wir Abhängigkeit, kontrollieren die Preise und fördern den Hunger.“
Text: Christian Dolle
Redaktion: Maike Hamacher