vor rund 15 Jahren habe ich als Studentin vor der indonesischen Küste eine Babykoralle gepflanzt. Sie war Teil der Wiederaufforstung von Korallenriffen, an der die örtliche Bevölkerung, vor allem Fischer*innen, und auch internationale Tourist*innen beteiligt waren. Ich weiß leider nicht, was aus dem kleinen Blumentier geworden ist, aber in gewisser Weise verkörpert es den Beginn eines Teils meiner heutigen Arbeit: die Zusammenführung von Naturschutz und Nutzung der Natur. Ein hoch umstrittenes Thema. Auf der Weltnaturkonferenz in Montreal 2022 (CBD COP15) haben fast 200 Staaten beschlossen, bis zum Jahr 2030 mindestens 30 Prozent der Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen. Das ist ein riesiger Erfolg. Und ein ehrgeiziges Ziel. Um es zu erreichen, muss sich die geschützte Fläche an Land binnen sechs Jahren verdoppeln, die auf dem Meer sogar vervierfachen. Ich habe Sorge, dass in verschiedenen Regionen der Welt die Natur zu Lasten der Bevölkerung vor Ort geschützt wird. So kommt es vor, dass Fischereigemeinden in Westafrika das Fischen verboten werden soll – das würde ihnen die Lebensgrundlage entziehen. Es gibt Bestrebungen, in Namibia oder Bangladesch die Jagd auf Elefanten zu untersagen – auch wenn diese Dörfer, Ernten und sogar Kinder niedertrampeln. Naturschutzvorstellungen im Globalen Norden sind oft von einer Form neokolonialer Besserwisserei geprägt: Nicht selten wird Menschen im Globalen Süden die Fähigkeit zum selbstbestimmten, nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen abgesprochen. Dagegen wenden sich Brot für die Welt und seine Partnerorganisationen. Expertise und Interessen lokaler Gemeinden müssen Einfluss haben! Insbesondere, wenn Natur extrem zerstörerisch auftritt: als pandemisches Virus. Auch um dieses Thema geht es in diesem Politik-Brief. Elefanten und Viren mögen auf den ersten Blick wenig gemein haben, beim näheren Hinsehen aber zeigen die Industriestaaten hier wie da verantwortungslos Verhalten: Sie wollen ihre Interessen durchsetzen zum Nachteil der Menschen im Süden.
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