derzeit führe ich Gespräche über die geplanten Etatkürzungen der Bundesregierung bei der Entwicklungszusammenarbeit. Dabei stelle ich fest, dass einige Menschen ein falsches Bild von unserer Arbeit haben. Sie glauben, wir bringen Menschen in Lateinamerika, Afrika und Asien bei, wie sie auf ihren Äckern höhere Erträge erzielen, mit ihren Fischernetzen mehr fangen, in ihren Krankenhäusern besser heilen können. Als wüssten die das nicht selbst am besten. Manchmal höre ich, finanzielle Unterstützung für den Globalen Süden sei eine Großzügigkeit, die gestrichen werden könne, wenn bei uns selbst das Geld knapp scheint. Als seien Süden und Norden trennbare Welten. Es stimmt, wir unterstützen sehr erfolgreich agrarökologische Projekte zum Beispiel im dürregeplagten Nordosten Brasiliens. Unsere lokalen Partner*innen bringen ihr Know-how auf dem Feld ein und die Ergebnisse in den politischen Dialog mit der eigenen Regierung. Ebenso setzen wir uns für die traditionelle Kleinfischerei ein oder finanzieren die Ausbildung von Gesundheitspersonal in medizinisch unterversorgten Regionen. Brot für die Welt unterstützt fast 3000 Projekte weltweit. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn parallel stellen wir uns gegen Bestrebungen des Nordens, Entwicklungsarbeit im Süden durch egoistische Interessen zu gefährden. In Brüssel und Berlin setzen wir uns zusammen mit afrikanischen Partnern dafür ein, dass zum Beispiel die EU-Saatgutverordnung nicht verschärft wird, die Kleinbäuer*innen in ärmeren Ländern benachteiligen würde. Wir machen Druck, dass Industriestaaten, die die Klimakatastrophe verursacht haben, für Schäden und Anpassungen in leidtragenden Ländern aufkommen. Wir ringen für die Abschaffung von Subventionen für die chinesische, russische und europäische Industriefischerei vor afrikanischen Küsten. Streiten auch gegen die Praxis, Gesundheitsfachkräfte aus dem Globalen Süden abzuwerben, um die hausgemachte Personallücke in deutschen Krankenhäusern zu füllen. Das eine geht nicht ohne das andere: Unterstützung von benachteiligten Menschen braucht Arbeit in politischen Gremien, die dafür sorgt, dass die Unterstützung nachhaltigen Erfolg hat und sich die grundlegenden Rahmenbedingungen verändern. Denn eines ist klar: Die Welt ist nicht teilbar. Deutsche und europäische Gesetze zu Handel, Wirtschaft oder Migration wirken sich weltweit aus. Erst faire Lebens-, Arbeits- und Handelsbedingungen für alle machen die Welt friedlicher.
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