(Bonn, 15.11.01) "Die EU hat fast auf der ganzen Linie gewonnen", zieht Michael Frein Bilanz, der für den Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) die WTO-Ministerkonferenz in Katar vor Ort beobachtet hat. "Federn lassen müssen hat sie lediglich im Umweltbereich, wo sie für die Verankerung des Vorsorgeprinzips und Verhandlungen zur Kennzeichnung ökologischer Produkte eintrat, sowie bei den Kernarbeitsnormen, die so gut wie gar nicht mehr vorkommen. Das sind genau die Bereiche, die immer verlieren", so der EED-Referent.
Strittige Punkte der Verhandlungen waren zum Schluss neben den Themen Umwelt und Textil die sogenannten "Singapur"-Themen Wettbewerb, Investitionen, technische Handelserleichterungen und öffentliches Beschaffungswesen. Zum offiziellen Konferenzende gelang es nicht, die Differenzen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern beizulegen. Nach Seattle stand auch Doha kurz vor dem Scheitern. Indien, Kenia für die AKP-Staaten und Nigeria für die OAU akzeptierten zum Schluß nur unter erheblichen Druck den Kompromiss, dass die Verhandlungen zu den Singapur-Themen erst in zwei Jahren beginnen werden, und zwar unter der Bedingung, dass alle Länder noch einmal explizit den bis dahin auszuhandelnden Modalitäten zustimmen. Dies ist letztlich, wie die genannten Entwicklungsländer im Schlussplenum deutlich machten, auch eine Hintertür zum Ausstieg. Dennoch bleibt aus der Sicht der Mehrzahl der Entwicklungsländer die Erkenntnis, dass sie ihr Ziel, eine neue Verhandlungsrunde zu verhindern, nicht verwirklichen konnten.
Zum Thema "Handel und Umwelt" wurden Verhandlungen zur Untersuchung des Verhältnisses von WTO-Abkommen und internationalen Umweltabkommen beschlossen. Dem steht gegenüber, dass ebenfalls über die Beseitigung von Handelshemmnissen bei Gütern und Dienstleistungen im Umweltsektor verhandelt werden soll. Dadurch könnte erheblicher Druck auf die Liberalisierung unter anderem im Bereich Wasserversorgung entstehen.
Verloren haben nach Ansicht von Frein insbesondere auch die Entwicklungsländer, die außer einer Vertragsauslegung im Bereich der Pharmapatente keine ihrer Forderungen durchsetzen konnten. Sie müssen nun die neue Verhandlungsrunde akzeptieren, im Textilbereich gab es wegen des Widerstands der USA keine Bewegung hin zu besseren Exportmöglichkeiten, und im Agrarbereich hat Frankreich eine Formulierung durchgesetzt, die das Auslaufen der europäischen
Exportsubventionen bis auf unbestimmte Zeit vertagt.
"Das war keine Entwicklungsrunde, sondern eine EU-Runde" urteilt Michael Frein. "Lediglich die im TRIPs-Vertrag bereits verankerten Rechte auf Zwangslizenzierung bei überlebensnotwendigen Medikamenten sind noch einmal bestätigt worden. Die Ministererklärung enthält ansonsten zu fast hundert Prozent die Positionen und Interessen der Industrieländer."
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