(Porto Alegre/Bonn, 4.02.02) "Eine andere Welt ist möglich - aber es kostet eine Menge Arbeit!" Das steht auf einem großen Transparent beim Weltsozialforum im brasilianischen Porto Alegre. Mit Blick auf das Nachbarland Argentinien bekommen die Rufe nach einer neuen internationalen Sozialordnung und einer "anderen und gerechteren Welt" eine neue Brisanz, die auch die internationale Delegation des EED beim Weltsozialforum in Atem hält. Zu der EED-Delegation gehören Vertreter aus 11 Nationen, neben zahlreichen Ländern Lateinamerikas zählen dazu Äthiopien, Bangladesh, Georgien, Indien, Malaysia, Nepal und Südafrika.
Die Vertreter kirchlicher Entwicklungsorganisationen Argentiniens zeichnen ein düsteres Bild von ihrem Land. "Der soziale Vertrag zwischen Regierung und Gesellschaft ist zerbrochen," sagt Enrique Zerbin, Leiter des Entwicklungsbüros der evangelischen Kirchen Argentiniens IELU / IERP, das vom EED und von Brot für die Welt unterstützt wird. "Die Armut ist krass. Der Warenaustausch ersetzt das Geld. Für die meisten Menschen ist der Staat gar nicht mehr vorhanden", schildert Zerbin. Für ihn ist das Ausmaß der Korruption von Staat, Justizwesen, Banken und Wirtschaft kaum mehr beschreibbar.
Kern des argentinischen Problems bilden die enormen Staatsschulden, die nicht mehr gedeckt sind. Vermögen von über US $ 14 Mrd. wurden an den Finanzbehörden vorbei im letzten halben Jahr illegal ausser Landes geschleust. Während sich die Regierung und Justiz im Gewaltenkonflikt befinden, sehen die Menschen ohnmächtig zu, wie die Banken dieser Tage völlig geschlossen werden. Ausländische Banken bereiten sich auf die Übernahme der bankrotten argentinischen Geldinstitute vor.
Der EED setzt sich verstärkt für eine umfassende politische Unterstützung der argentinischen Partner beim Aufbau von Demokratie und bei der Revision des Verfassungsrechts ein. Wilfried Steen, Leiter der EED-Delegation in Porto Alegre, unterstreicht überdies die Forderungen nach einem Schuldenerlass im Rahmen des vorgeschlagenen fairen und transparenten Insolvenzverfahrens für Staaten auf Argentinien. "Der EED begrüßt die Haltung von IWF-Direktor Horst Köhler, der Norden müsse die "Selbstsucht" aufgeben, damit die Globalisierung allen zugute kommt. Doch das darf nicht nur für die Aufgabe von protektionistischen Marktregelungen gelten", warnt EED-Vorstandsmitglied Steen. Bei der Entschuldungsfrage dürfe die internationale Gemeinschaft nicht zu zögerlich vorgehen.
Am 20. Februar werden der EED und der Lutherische Weltbund eine Veranstaltung in Berlin zur Schuldenfrage Argentiniens mit Politikern, Kirchenvertretern und Experten in Berlin durchführen, Titel "Argentinien - wer zahlt die Zeche?". Dabei werden die lutherischen Kirchen Argentiniens für einen Runden Tisch mit allen seinen Gläubigern zur Schuldenfrage eintreten.
Es stehen Ihnen zur Verfügung: I. Boltze, EED-Pressereferentin, Bonn, Tel. 0228-8101-2503
In Porto Alegre: W. Steen/ J. Reichel, Kontakt via email: umbuhotel@umbuhotel.com.br oder
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