Der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) erwartet vom Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung in Johannesburg (26.08.-4.09) klare Beschlüsse zur Umsetzung nachhaltiger Entwicklung. Die Vereinten Nationen sind aufgefordert, klarstellen, dass die multilateralen Umweltabkommen des Rio-Prozesses nicht weiter von den WTO-Regeln ausgehebelt werden dürfen, so der EED. Beispiel dafür ist die UN-Konvention über die biologische Vielfalt, die für das traditionelle Wissen von indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften einen besonderen Schutz vorsieht. Dieser Schutz besteht in einem Mitspracherecht über die Verwendung ihres Wissens, aber auch in der Beteiligung an den daraus entstehenden Gewinnen. Faktisch wird dies vom internationalen Patentrecht der Welthandelsorganisation im sogenannten TRIPs-Vertrag unterlaufen, denn die Regeln der UN-Konvention für biologische Vielfalt einzuhalten, ist nach dem WTO-Patentrecht nicht erforderlich.
"Die WTO hat sich am Johannesburg-Prozess zu orientieren und nicht umgekehrt. Das bedeutet auch, dass globale Umweltabkommen nicht weiterhin von WTO-Regeln unterlaufen werden dürfen", betont Michael Frein, der für den EED als zuständiger Fachreferent bereits die Vorverhandlungen in Bali/Indonesien im Juni diesen Jahres beobachtete.
Der EED begrüßt, dass die Millenniumsziele der Vereinten Nationen vom September 2000, insbesondere die Halbierung extremer Armut bis 2015, vom Weltgipfel in Johannesburg bestätigt werden. In Johannesburg muss es nun gelingen, dieses Ziel mit wirklichem Leben zu erfüllen, so dass bis 2015 tatsächlich die Zahl der Menschen, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und zu sanitären Einrichtungen haben, halbiert werden kann.
Im Bereich Energie unterstützt der EED die Forderung der EU, bis zum Jahr 2010 global einen Anteil erneuerbarer Energien von mindestens 15% der Primärenergieversorgung zu erreichen und dabei gleichzeitig den Zugang der Armen zu Energie zu verbessern. "Klare Beschlüsse mit Zeit- und Zielvorgaben sind Teil der Hausaufgaben der in Johannesburg versammelten Staats- und Regierungschefs", sagt Vorstandsmitglied Wilfried Steen, Leiter des Ressorts Entwicklungspolitischer Dialog und Inlandsprogramme.
Um dies zu erreichen, wird die Europäische Union den Entwicklungsländern insbesondere im Handelsbereich entgegenkommen müssen. Hier fordern die Entwicklungsländer konkrete Zusagen der Industrieländer, vor allem einen besseren Zugang zu den Märkten des Nordens. Bei der letzten Vorbereitungskonferenz in Bali/Indonesien verwies die EU für diese Fragen noch auf die Zuständigkeit der Welthandelsorganisation. "Fortschritte in Sachen Nachhaltigkeit können aber nicht unter WTO-Vorbehalt gestellt werden," fordert Michael Frein. "Johannesburg muss deutlich machen: nachhaltige Entwicklung erfordert auch einen gerechteren Welthandel."
Die größten Bremser für einen Gipfelerfolg waren bislang die USA. Die Bush-Administration verweigert sich nicht nur bei Wasser, Energie, Biodiversität und Klima, sie stellt auch die vor zehn Jahren in Rio vereinbarten Grundsätze wie das Vorsorgeprinzip und das Prinzip der gemeinsamen Verantwortung von Industrie- und Entwicklungsländern für eine nachhaltige Entwicklung wieder in Frage. "Notfalls müssen die USA wie im Falle des Kyoto-Protokolls vor der Tür gelassen werden.", erklärt Wilfried Steen. "Die EU jedenfalls muss alles unternehmen, damit ein Gipfelerfolg nicht an den USA scheitern wird."
Wilfried Steen und Michael Frein begleiten für den EED die Verhandlungen in Johannesburg. Sie sind vor Ort telefonisch zu erreichen.
Kontakt Johannesburg:
Wilfried Steen unter 0173-2016329 und Michael Frein unter 0173/53 59 992 oder per email: michael.frein@gmx.de.