(Johannesburg, 4. September 2002) Für den Evangelischen Entwicklungsdienst bleibt der Weltgipfel in Johannesburg insgesamt hinter den Erwartungen zurück, obwohl in einigen Bereichen wichtige Ergebnisse erzielt werden konnten. "Gott sei Dank hat sich in Johannesburg die fatale Tendenz der gescheiterten Vorbereitungskonferenz in Bali nicht durchgesetzt. Dort war praktisch jede Errungenschaft des Rio-Prozesses in Frage gestellt worden", resümiert Michael Frein vom EED.
Der EED begrüßt die Entscheidung der letzten Nacht, das Menschenrecht auf Gesundheit im Text zu verankern. Damit ist ausgeschlossen, dass Genitalverstümmelung von Frauen als kulturelles Recht gerechtfertigt werden kann.
Die wichtigsten Ergebnisse in Johannesburg sieht der EED in Zielen und Zeitplänen beim Zugang zu Trinkwasser und sanitären Einrichtungen sowie bei dem Ziel, den globalen Verlust der Biodiversität bis 2010 umzukehren. Von erheblicher Bedeutung für die Länder des Südens ist darüber hinaus die Einigung, im Rahmen der Konvention für biologische Vielfalt einen Vertrag zum gerechten Vorteilsausgleich zu erarbeiten. "Dieser Vertrag könnte den Entwicklungsländern helfen, an den Gewinnen beteiligt zu werden, die sich aus der Nutzung ihrer genetischen Ressourcen ergeben. Die neue Vereinbarung stärkt den Kampf gegen Biopiraterie", schätzt Frein dieses Ergebnis ein.
Solchen Erfolgen stehen allerdings auch gewichtige Misserfolge und Defizite der Johannesburg-Verpflichtungen gegenüber. Zum einen ist die Europäische Union damit gescheitert, ein globales Ziel im Bereich erneuerbare Energien durchzusetzen. Mindestens so schwerwiegend jedoch ist, dass weite Teile des Verhandlungsprozesses von den globalen Handelsregeln der Welthandelsorganisation (WTO) dominiert wurden. Ein klares Bekenntnis zum Auslaufen der Agrarsubventionen fehlt ebenso wie eine eindeutige Aussage zum Verhältnis von internationalen Handelsabkommen und -Umweltabkommen. "In Johannesburg drohten die Umweltabkommen unter die Räder der WTO zu geraten", sagt Wilfried Steen. "Dies konnte mit knapper Not abgewendet werden. Allerdings bedeutet es keinen Sieg, wenn ein Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung sich außerstande sieht, den Umweltabkommen gegenüber der WTO den Rücken zu stärken. Wir fordern nach wie vor, dass Umweltabkommen Vorrang vor Handelsabkommen haben müssen. Außerdem ist Freihandel auf Kosten der Armen keine Perspektive nachhaltiger Entwicklung."
Der EED, so kündigt Steen an, wird sich weiterhin für nachhaltige Entwicklung engagieren. "Das Ergebnis von Johannesburg", so resümiert Steen, "hat nicht alle Erwartungen erfüllen können. Es ist auch weit von dem entfernt, was in Sachen Umwelt und Entwicklung notwendig wäre, auch wenn einige Ergebnisse besser sind als vorher erwartet wurde. Nun gilt es, die positiven Vereinbarungen, etwa im Bereich Wasser und sanitäre Anlagen, konsequent umzusetzen und gleichzeitig nicht nachzulassen, in den anderen Bereichen auf Besserung zu dringen."