(Berlin, Bonn, 26.07.2002) Mit dem heute veröffentlichten "Social Watch Report 2002" präsentieren die Herausgeber vom Deutschen NRO Forum Weltsozialgipfel, zu dem der Evangelische Entwicklungsdienst zählt, neue Daten, welche Fort- oder Rückschritte die Länder bei der sozialen Entwicklung gemacht haben. Ausgangspunkt sind die Ziele des Kopenhagener Weltsozialgipfels von 1995, zu denen sich 134 Teilnehmerstaaten verpflichtet hatten - dazu gehören Armutsbekämpfung, soziale Integration und Bildung. Der länderspezifische "Social Watch Report" bietet eine Analyse des jährlichen Monitorings zur sozialen Entwicklung und macht deutlich, an welchen Stellen die Bundesregierung ihren internationalen Zusagen nicht gerecht wird.
Der neue Report zeigt, dass bei Bildung, Gesundheit und Lebenserwartung die Realität deutlich von den Planzahlen abweicht, zu denen sich die Regierungen der Länder verpflichtet hatten. Während die internationale Gemeinschaft 1995 sich es zum Ziel setzte, dass bis 2000 alle Kinder im schulpflichtigen Alter die Schule besuchen sollen, bleibt für mehr als zwei Drittel aller Kinder in Äthiopien, Eritrea, Burkina Faso oder Mali eine Schullaufbahn immer noch ein Wunschtraum. Die Sterblichkeitsrate bei Kindern unter 5 Jahren sollte überall auf höchstens 20 Todesfälle bei 1000 Geburten gesenkt werden. In Angola oder Niger übersteigt die Todesrate in Realität derzeit das zehnfache. Jedes vierte Kind stirbt hier vor seinem 5.Geburtstag. Besonders dramatisch ist die sinkende Lebenserwartung in zahlreichen Ländern: Auf dem Weltsozialgipfel in Kopenhagen war man noch davon überzeugt, dass die durchschnittliche Lebenserwartung in allen Ländern auf über 60 Jahre angehoben werden kann. Die dramatisch schnelle Verbreitung der Aids-Pandemie führt dazu, dass Menschen in Botswana heute z.B. 20 Jahre früher sterben als 1990.
Die hohe Verschuldung vieler Entwicklungsländer und die oft von außen erzwungenen Einschnitte bei den sozialen Programmen gerade der ärmsten Länder der Welt fordern heute ihre Tribute. Der Social Watch Report weist aus, dass eine mangelnde soziale Infrastruktur, hohe Aids-Infektionsraten und sinkende Lebenserwartung sich gegenseitig bedingen.
"Die Bundesregierung hat zwar 2001 ein "Aktionsprogramm zur Bekämpfung weltweiter Armut" verabschiedet. Aber stehen die Menschen im Süden noch im Mittelpunkt?", fragt EED-Referent und Co-Autor Jürgen Reichel in seinem Artikel zum Aktionsprogramm. "Die Bundesregierung hätte über ihre Förderpolitik in der Entwicklungszusammenarbeit einen wichtigen Schlüssel in der Hand, setzt sie aber bisher nicht konsequent ein", kritisiert Reichel. So spielen die Basisdienste zur Gesundheitsförderung und Bildung, die den Ärmsten zugute kommen, eine kontinuierlich geringere Rolle. In der deutschen Förderung sinkt der Anteil der Unterstützung für die Least Developed Countries" (LDC), die besonders gravierende Armutssituationen aufweisen, kontinuierlich - in den letzten zwei Jahrzehnten ist ihr Anteil von einem knappen Drittel auf jetzt 22% verringert worden. "Ein neuer Modus für mehr Verbindlichkeit bei den internationalen Vereinbarungen muss her, damit die Staaten ihre sozialen Verpflichtungen erfüllen und die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte der Menschen wirklich gewahrt werden", so Co-Autor Reichel.
Der Deutsche-Social-Watch-Bericht 2002 ist beim Evangelischen Entwicklungsdienst e.V., Referat Öffentlichkeitsarbeit, Ulrich-von-Hassell-Str. 76, 53176 Bonn, 0228 -8101 -2300, Email: info@eed.de zu beziehen.