(Bonn, Heidelberg, 14.05.2003) Der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Ernährung, Jean Ziegler, hat die argentinische Regierung aufgefordert, binnen 6 Wochen zu den Vorwürfen der Entwicklungsorganisation EED und der Menschenrechtsorganisation FIAN Stellung zu nehmen, dass in Argentinien gegen das Recht auf Ernährung verstoßen und eines der zentralen Hilfsprogramme für Arbeitlose und ihre Familien für politische Zwecke missbraucht werde. In der vergangenen Woche hatten EED und FIAN International dem Komitee der Vereinten Nationen für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (WSK-Rechte) einen Bericht mit Kritikpunkten am Sozialprogramm vorgelegt.
Während mit 8,7 Millionen Menschen rund ein Viertel der Bevölkerung Argentiniens in den letzten zwei Jahren so verarmt sind, dass sie sich nicht mehr ernähren können, erreiche mit dem IWF entwickelte Arbeitslosenhilfsprogramm (Jefes y Jefas del Hogar Desocupados) nur rund 1,5 Millionen der Betroffenen, so der Bericht, der das Ergebnis einer mehrwöchigen Untersuchung in dem südamerikanischen Land darstellt. Tragisch ist die Hungersnot deswegen, weil die argentinische Landwirtschaft das Zehnfache an Agrarprodukten erwirtschaftet, die die Bevölkerung benötigt, doch wird ein Großteil der Güter bisher exportiert. Schuld an der Misere sei die Regierung, deren Programme nicht flächendeckend, finanziell zu knapp bemessen und zu kurzfristig seien und der Internationale Währungsfonds (IWF), der bei dem verordneten Sparkurs die katastrophale Lage der Bevölkerung nicht entsprechend berücksichtige, so EED und FIAN.
In dem Bericht wird auch die staatliche Vergabepraxis kritisiert, örtlichen Parteifunktionären vielerorts die Verantwortung zur Vergabe der Hilfe zu überlasssen. In dem Bericht wird mit Beispielen der Verdacht untermauert, dass die Funktionäre ihre Rolle für die willkürliche Begünstigung einzelner missbrauchen. Arbeitsministerin Graciela Camano bestätigte im Gespräch mit argentinischen Medien die Praxis der Abwicklung der Sozialprogramme über Dritte, behauptete aber, dass für die Regierung dabei bisher keinerlei Parteilichkeit erkennbar gewesen sei. Dieser Klientelismus widerspreche den Verpflichtungen, die Argentinien als Mitunterzeichner des "Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte" eingegangen sei, so EED und FIAN in dem Bericht. Der UN-Pakt umfasst auch das Recht auf Ernährung.
FIAN und EED fordern die zukünftige Regierung auf, die Kürzungen am Etat für Sozialprogramme zurückzunehmen, die Vergabepraxis für die Hilfsgelder zu ändern und Arbeits- und Sozialstandards bei Unternehmen verbindlich durchzusetzen. Von den Vereinten Nationen erhoffen sich die beiden Organisationen politischen Druck, damit die Menschenrechte, wie das Recht auf Nahrung, bei den Programmen des IWF zukünftig berücksichtigt werden.
Der Bericht "Das Recht auf Nahrung in Argentinien" kann beim EED und bei FIAN auf Englisch und Spanisch angefordert werden und wird voraussichtlich in Kürze als Download auf der Internetseite des EED (www.eed.de) zur Verfügung stehen.
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Mit freundlichem Gruss
Ilonka Boltze
Pressereferentin
Evangelischer Entwicklungsdienst e.V. (EED)
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