(Bonn, 20.10.2005) Nach dem Scheitern der Sitzung des Allgemeinen Rates im Juli ist am Abend des 19.10. auch die Oktober-Sitzung ohne Ergebnis zu Ende gegangen.
Damit haben die Vorbereitungen für die WTO-Ministerkonferenz, die vom 13.-18. Dezember 2005 in Hongkong stattfinden wird, einen schweren Schlag erlitten. Der weitere Prozess wird nun vermutlich so aussehen, dass man bis Mitte November eine Einigung darüber sucht, was auf der Hongkong-Konferenz überhaupt noch erreicht werden kann.
Dazu Michael Frein vom EED: "Für die Entwicklungsländer ist dies eine gute Nachricht. Auch wenn die alten, für sie nachteiligen Handelsregeln nun vermutlich noch länger gelten werden, war für die meisten Länder des Südens in den laufenden Verhandlungen kein Blumentopf zu gewinnen." Insbesondere hätten Entwicklungsländer ihre Märkte für Industriegüter und Dienstleistungen aus Industrieländern weiter öffnen müssen, ohne dass die allermeisten von ihnen in diesen Bereichen selbst Exportchancen hätten, so Frein.
"Lieber kein Ergebnis als ein schlechtes Ergebnis!"
Anders bei der Landwirtschaft. Dort haben Entwicklungsländer wie Brasilien massive Exportinteressen. Sie würden von offeneren Agrarmärkten fraglos profitieren. Gleichzeitig drohten jedoch viele kleine und arme Entwicklungsländer zu den Verlierern einer solchen Politik zu werden. Denn ihre Märkte würden Gefahr laufen, von billigerer ausländischer Konkurrenz erobert zu werden. Viele Kleinbauern könnten in dem zu erwartenden Preiskampf nicht mithalten. Und dass die WTO Mechanismen erlauben würde, Kleinbauern ausreichend zu schützen, ist keineswegs gesichert. "Das Scheitern von Genf ist aus entwicklungspolitischer Sicht nicht zu bedauern. Und was für Genf gilt, gilt auch für Hongkong: Lieber kein Ergebnis als ein schlechtes Ergebnis", kommentiert Michael Frein vom EED die Situation.
Unter dem Strich ist das Scheitern der Verhandlungen in Genf für die meisten Entwicklungsländer daher eine gute Nachricht: Die Industrieländer haben sich mit ihrer Agenda nicht durchsetzen können. Gescheitert sind die Genfer Verhandlungen an einem nicht zu überbrückenden Konflikt im Bereich Landwirtschaft. Die Angebote der EU zur Öffnung ihrer Märkte gingen für die USA und in der G-20 zusammengeschlossene wichtige Entwicklungsländer wie Brasilien und Indien nicht weit genug. Der europäische Verhandlungsführer, EU-Kommissar Peter Mandelson war jedoch nicht mandatiert, ein weitergehendes Angebot auf den Tisch zu legen. In einer EU-internen Abstimmung war er zuvor von Frankreich und einigen anderen EU-Mitgliedsstaaten an die kurze Leine genommen worden.
Für die Ministerkonferenz in Hongkong wird damit immer unwahrscheinlicher, dass der große Durchbruch gelingt. Ein komplettes Scheitern ist ebenfalls unwahrscheinlich. Vielmehr ist zu vermuten, dass man in den nächsten Wochen in Genf die Messlatte für einen Erfolg in Hongkong so tief hängen wird, dass ein Reißen praktisch ausgeschlossen werden kann.
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