Pressemeldung

Der EED warnt vor einem gedankenlosen Umgang mit dem Thema Reisen und wirbt für einen partnerschaftlichen Tourismus, der Lebensbedingungen verbessert

Schnäppchen-Urlaub auf Kosten fairer Lebenschancen?

(Bonn, 27.01.05) Angesichts der Ankündigung der Reisebranche, ab 1. Februar wieder alle touristischen Ziele anzusteuern, warnt der Evangelische Entwicklungsdienst davor, mit einem überhasteten, unkontrollierten Wiederaufbau von Hotelzentren die Chancen für einen sozial verantwortlichen und umweltverträglichen Neuanfang zu verwirken. "Tourismusbranche und Medien erwecken den Anschein, dass man den Menschen in Thailand, Indien und Sri Lanka schon mit einem Pauschalurlaub in die Regionen helfen kann. Diese Debatte ist nicht ehrlich und schadet mehr als sie hilft", warnt Konrad von Bonin, Vorstandsvorsitzender des Evangelischen Entwicklungsdienstes. Mit Sonderpreisen und Spendenwerbung setze die Reisebranche das Geschäft fort, ohne aus der Krise zum Vorteil von Mensch und Natur zu lernen.

 

Die Annahme, Tourismus als solcher verbessere bereits die Bedingungen der Menschen vor Ort, hält der EED für falsch. Zwar ist in vielen Ländern der Tourismus größter Wirtschaftsfaktor, die Bevölkerung profitiert davon jedoch nur im geringen Maß. Problematisch ist nicht nur die Situation von Hotelangestellten, die vielerorts ohne soziale Absicherung arbeiten, sondern es geht auch um langfristige Schäden: wo Urlaubsgebiete entstanden, haben vielerorts Bauern ihr Land und Fischer den Zugang zum Meer verloren. Gestiegene Preise trieben Familien häufig in Armut und Frauen und Kinder in die Prostitution. Und auch die Umweltschäden sind enorm: Hotels, neue Straßen und unzählige Garnelen-Farmen haben dazu geführt, dass an vielen Stellen der natürliche Küstenschutz zerstört wurde und damit auch die Flutwelle ungehindert einbrechen konnte. Die EED-Partnerorganisation Ecumenical Coalition on Tourism (ECOT) ist besorgt, dass jetzt neue Tourismus-Ressorts überhastet und unkontrolliert erschlossen werden, speziell in Sri Lanka und auf den Andamanen und Nicobaren.

 

Irreführend sei das Angebot führender Reiseanbieter, unter dem Siegel "nachhaltiger Hilfe" Pauschalreisen und Patenschaftsprojekte gemeinsam anzubieten - ohne zur zukünftigen Gestaltung des touristischen Kerngeschäfts Stellung zu nehmen. "Nachhaltig sind nur Programme, die Strukturen verändern - das gilt auch für touristische Gebiete", kritisiert von Bonin. Durch Patenschaftsprogramme für Kinder oder Familien allein werde aber die Abhängigkeit von außen verschärft, ohne dass sich die Perspektive für die Küstenbewohner verbessere.

 

Der EED wirbt dafür, jetzt die Gelegenheit zu einer neuen Partnerschaft im Tourismus zu nutzen, der sozial verantwortlich und umweltverträglich ist. Dass dies möglich ist, zeigt das Beispiel Honduras, wo nach dem Hurrikan Mitch Nothilfe und Wiederaufbau mit einer klaren Entwicklungsperspektive gekoppelt wurde, Ausbildung und Arbeitsplätze geschaffen und langfristig Risiken für die Umwelt verringert wurden.

 

"Wir empfehlen jetzt, nur dorthin zu reisen, wo Länder und Tourismusindustrie offen legen, wie sie verantwortlich für bessere Lebensbedingungen sorgen wollen", meint Heinz Fuchs von der EED-Fachstelle Tourism Watch. "Das bedeutet, die Bevölkerung an der touristischen Entwicklungskonzepten für Hotels, Straßen und Versorgungssystemen zu beteiligen, faire Arbeitsbedingungen abzusichern und den Raubbau an der Natur zu stoppen. Viele Menschen haben gespendet, damit in der Katastrophenregion ein Leben in Würde möglich wird. Jetzt muss die Reiseindustrie ihren Beitrag dazu leisten."

 

Achtung Redaktionen:

Ihre Ansprechpartner: Heinz Fuchs, Fachstelle Tourism Watch, Tel. 0228-8101-2302

Ilonka Boltze, Pressestelle, Tel. 0228-8101-2503

Terminhinweis: "Tourism and Development" ist Thema auf dem Weltsozialforum in Porto Alegre (28.01.05). Mehr zum WSF und dem EED-Programm auf der Website www.eed.de


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