Berlin, 21.11.2005: In dieser Woche wird der Rat der EU-Agrarminister über die Reformvorschläge der Europäischen Kommission zur Zuckermarktreform beraten und sie aller Voraussicht nach verabschieden.
Oxfam Deutschland, WWF-Deutschland und Evangelischer Entwicklungsdienst (EED) haben vor der anstehenden Entscheidung der EU-Agrarminister eine Position vorgelegt, die in letzter Minute zu retten versucht, was noch zu retten ist. Der generelle Reformbedarf wird darin nicht angezweifelt, aber das Papier weist darauf hin, dass Europa die ehemaligen Kolonien nicht im Regen stehen lassen kann, nachdem es von ihnen über viele Jahrzehnte Zuckerrohr mit Abnahmegarantien bezogen hat. Es geht den drei Organisationen vor allem um flankierende Maßnahmen in den zuckerabhängigen Entwicklungsländern, die bisher zugesicherte Lieferrechte an die EU haben, sowie in den ärmsten Länder, die künftig Zucker nach Europa liefern könnten.
Diese sind die eigentlichen Verlierer der Zuckermarktreform. Während bei den europäischen Fabriken und Rübenbauern die drastischen Preissenkungen mit Umstrukturierungshilfen und Ausgleichszahlungen abgefedert werden, gehen die Entwicklungsländer fast leer aus.
"Um die Einbußen dieser Länder möglichst gering zu halten, müssen die bisher vorgeschlagenen Preiskürzungen moderater ausfallen. Außerdem brauchen die betroffenen Länder Ausgleichszahlungen, die ihre Verluste abschwächen", so Marita Wiggerthale von Oxfam Deutschland.
Tanja Dräger de Teran von WWF fordert einen nachhaltigen Welthandel mit Zucker. "Ökologische und soziale Standards sind im internationalen Handel nur mit Hilfe von Anreizen durchzusetzen. Deshalb ist die finanzielle Unterstützung ein gutes Instrument, um Raubbau an Mensch und Natur zu vermeiden. Gleichzeitig müssen die Zahlungen aber an Bedingungen gekoppelt werden, die eine nachhaltige Entwicklung der Zuckerwirtschaft beziehungsweise einen nachhaltigen Anbau alternativer Kulturpflanzen und deren Weiterverarbeitung gewährleisten."
In ihrem Positionspapier greifen die drei Organisationen die Vorwürfe der hiesigen Zuckererzeuger auf, die im vermehrten Welthandel nur zusätzliche Ausbeutung auf den Zuckerrohrplantagen in den Tropen befürchten. Allerdings stellen sie auch klar, dass die EU mit ihrem Zucker nichts mehr auf den Weltmärkten zu suchen hat.
"Wer das Recht in Anspruch nimmt, seine eigenen Bauern zu schützen, darf nicht die Weltmärkte erobern wollen", so Rudolf Buntzel, Beauftragter für Welternährungsfragen beim EED. "Die zusätzliche Subventionierung der europäischen Zuckerbauern schadet den Ländern, die sich keine Subventionen leisten können. Es ist ein Skandal, dass sich die EU in ihren Vorschlägen nicht dazu verpflichtet, zukünftig keine Dumpingpraktiken mehr anzuwenden."
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Das Positionspapier "Aktualisierte Forderungen zur Reform der Zuckermarktordnung im Rahmen der EU-Kommissionsvorschläge" ist über die beteiligten Organisationen zu beziehen
Kontakt:
Dr. Rudolf Buntzel, Evangelischer Entwicklungsdienst (EED)
Beauftragter für Welternährungsfragen
Tel. +49 (0)30-20355-225, E-Mail: r.buntzel@gkke.org
Tanja Dräer de Teran, Internationale Politik
WWF Deutschland
Tel. +49 (0)30-30874-213, E-Mail: draeger@wwf.de
Christin Schipmann, Make Trade Fair-Kampagne
Oxfam Deutschland e.V.
Tel.: +49 (0)30-45306-935, E-Mail: cschipmann@oxfam.de