(Berlin, 11.03.2005) „Die Spendenbereitschaft der Menschen nach der Flutkatastrophe war enorm. Mitgefühl und Mitdenken sind aber auch bei der Urlaubsplanung gefragt: Im Jahr 2010 rechnet der Tourismus-Sektor mit Einer Milliarde Touristen. Wächst der Trend zu Schnäppchen-Urlauben, wird für die Menschen vor Ort zur massiven Bedrohung: Dumpinglöhne werden selbstverständlich, und für echten Natur- und Katastrophenschutz bleibt weder Geld noch Raum“, warnte Heinz Fuchs von der Fachstelle Tourism Watch am Freitag am Rande der ITB in Berlin. Billigreisen biete die Reise-Branche jetzt vor allem in Thailand, Sri Lanka oder Indien an - soziale Kriterien spielen bei Wiederaufbau bzw. der Erschliessung neuer Resorts aber selten eine Rolle. „Wir fordern die Reiseindustrie auf, Farbe zu bekennen, welche Rolle sie beim Wiederaufbau spielt“, so Fuchs.
Tourismus bringt nicht nur Devisen ins Land, sondern verschärft häufig das Gefälle zwischen Arm und Reich und heizt Konflikte an. Beispiel dafür ist Indien: Die indische Organisation Equations hat dokumentiert, wie die Kommunalregierung in Andra Pradesh bereits Küstengebiete für neue Urlaubsorte reserviert, in denen bislang Dorfbewohner lebten. Für sie gilt jetzt ein neues Gesetz, dass sie nicht näher als 1 km an die Küste heransiedeln dürfen. „Die Leute werden gezwungen, fernab umzusiedeln – für Fischer eine Katastrophe, für andere ein massiver Eingriff in ihre Lebenskultur und eine ungewisse Zukunft“, warnt K.T. Suresh von Equations. Die Organisation übt Druck auf die Regierung aus, damit das Gesetz erneut zur Diskussion gestellt und ein Verbot für Hotelbauten an der Küste erteilt wird, bis eine einheitliche Rechtslage hergestellt ist. Und Equations ist Anwalt der betroffenen Bevölkerung vor Ort, die beispielsweise bei Küstenschutz, Wasserver- und Entsorgung sowie Müllmanagement befürchten, den kürzeren zu ziehen.
Dass es fair zugehen kann im Tourismus und soziale und ökologische Auflagen kein Hindernis sein müssen, beweist die südafrikanische Siegelinitiative „Fair Trade in Tourism“. Sie vergibt Siegel für Tourismusprojekte, an denen die Einheimischen beteiligt sind und diejenigen besonders berücksichtigt, die unter dem Apartheid-Regime keine Chancen hatten. Die südafrikanische Regierung unterstützt das Siegel und die daran geknüpften Bedingungen, damit sich kein Massentourismus ungesteuerter Massentourismus breit macht. „Unsere jahrelange Überzeugungsarbeit hat Erfolg gehabt - über ein Dutzend neue Ideen wurden zertifiziert“, meint Jennifer Seif von der „Fair Trade in Tourism“- Initiative. "Würden andere Länder mehr Auflagen für einen Fairen Tourismus vorgeben und die Tourismusindustrie Verantwortung übernehmen, wäre die Welt bald eine andere und Tourismus und Entwicklung wären kein Widerspruch".