(Bonn, 21.10.2005) Zehn Jahre nach dem Weltgipfel für soziale Entwicklung in Kopenhagen und fünf Jahre nach dem Millenniumsgipfel der Vereinten Nationen ist die Welt noch immer sehr weit davon entfernt, die Ziele der beiden internationalen Konferenzen zu erreichen. Zwar konnte Armut in einigen Regionen zurück gedrängt werden, doch in vielen Ländern nahm sie zu. Weltweit wuchs die Kluft zwischen Arm und Reich. Hierauf verweist Social Watch Deutschland mit seinem fünften Bericht über weltweite soziale Entwicklungen, der am 21. Oktober 2005 in Bonn vorgestellt wurde.
"Die großen Versprechen zur Armutsbekämpfung wurden bisher nur unzureichend in konkretes Handeln umgesetzt. Daher fordert das internationale Netzwerk Social Watch die Regierungen auf, die Anstrengungen zu verstärken, um in ihren Ländern und weltweit soziale Ungerechtigkeit zu bekämpfen", erklärte Klaus Heidel, Sprecher von Social Watch Deutschland. "Vor allem in Afrika südlich der Sahara hat sich die Situation verschlechtert. Dort leben heute 140 Millionen mehr Menschen in absoluter Armut als 1990", so Heidel weiter. Auch in Deutschland seien noch nicht alle Beschlüsse des Weltsozialgipfels umgesetzt worden.
Angesichts dieser Situation müssten die Menschenrechte in der Außen- und Entwicklungspolitik Vorrang haben, erklärte Pfr. Jürgen Reichel vom Evangelischen Entwicklungsdienst. Der diesjährige Social Watch Report weise eindringlich darauf hin, was geschehe, "wenn internationale Organisationen wie die Welthandelsorganisation nicht einen Funken Verständnis für die sozialen Menschenrechte mitbringen. Dann puscht eine solche Organisation Regeln durch, die Patente so erfolgreich schützen, dass bis heute kein Land in der Lage gewesen ist, für Millionen Aids-kranker Generika zu importieren. Weil der Internationale Währungsfonds die Staatshaushalte deckelt, müssen viele Länder darum kämpfen, Zuschüsse des Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria beantragen zu dürfen", berichtete Reichel.
Zwar erkennt Social Watch Deutschlands Beitrag zur Armutsbekämpfung an. Dennoch fällt die Bilanz negativ aus. Deutschland habe "die Chance vertan, zur rechten Zeit eine überzeugende Antwort vorzulegen, wie deutsche Politik zur Lösung der weltweiten Zukunftsaufgaben beitragen kann: Armutsbekämpfung, nachhaltige Entschuldung, eine gerechte Handelspolitik und ein neues internationales Ordnungssystem unter Führung der UN", sagte Reichel.
Auch Geschlechtergerechtigkeit ist zehn Jahre nach der 4. Weltfrauenkonferenz noch längst nicht hergestellt - nicht einmal in der Europäischen Union, so Sabine Gürtner vom NRO-Frauenforum. "Trotz zunehmender Teilhabe an Bildung und Beschäftigung sind Frauen noch immer nicht gleichgestellt, wo es um soziale und wirtschaftliche Macht geht. Markante Ungleich-heitsstrukturen zwischen Frauen und Männern setzen sich auf den EU-Arbeitsmärkten fort", berichtet Gürtner weiter.
Social Watch Deutschland/Forum Weltsozialgipfel ist ein Netzwerk von 28 entwicklungs- und sozialpolitischen Organisationen. Es wurde im Vorfeld des Weltgipfels für soziale Entwicklung gegründet. Sein Ziel ist die kritische Beobachtung der Umsetzung von sozial- und entwicklungs-politischen Beschlüssen großer Weltkonferenzen. Der EED ist Mitglied des Netzwerkes.