(Bonn, 13.06.2006) Der Pariser Club soll sich auflösen oder seine Verfahren dem Beispiel nationaler Insolvenzverfahren angleichen, fordert der Evangelische Entwicklungsdienst in Bonn anlässlich des 50. Jahrestags dieses informellen Clubs von 19 Gläubigerstaaten am 14.6.2006. "Die Schulden sind wie ein Nasenring, an dem der Pariser Club seine Schuldner in die Richtung zieht, die ihm genehm ist", sagte Peter Lanzet, Experte für Entwicklungsländerschulden beim Evangelischen Entwicklungsdienst. "Das muss ein Ende haben. Schuldnerländer sollen sich im Rahmen eines Schiedsverfahrens mit ihren Gläubigern zusammensetzen und festlegen, welche Schulden bezahlbar sind und welche nicht".
Seit 1956 kontrolliert der Pariser Club die Finanzen der Entwicklungsländer maßgeblich, in dem er seine Um- und Entschuldungen an die Auflagen des Internationalen Währungsfonds in Washington bindet. Mit diesem "Nasenring" wurden die Entwicklungsländer in den letzten drei Jahrzehnten zur Öffnung ihrer Märkte für das Kapital und die Waren aus den Industrieländer gedrängt, noch lange bevor sie selbst dazu in der Lage waren, auf den internationalen Märkten zu konkurrieren.
In der jüngeren Vergangenheit mussten die Gläubiger zunehmend auf Rückzahlungen verzichten. Kaum ein Niedrigeinkommensland konnte die rudimentärsten Ausgaben in seinem Haushalt ohne Entwicklungshilfe decken, geschweige denn die Millenniums-Entwicklungsziele erreichen. Daher war der Pariser Club bereit, eine ganze Reihe von Entschuldungsinitiativen der G 8 mitzutragen, zuletzt die Entschuldungsinitiative für die Mitteleinkommensländer, die sog. "Evian Terms". Er hat seit 1956 in 401 Verfahren 504 Mrd US Dollar von 83 Ländern umgeschuldet und entschuldet, immer gerade so viel, dass die Schuldnerländer nicht völlig zahlungsunfähig wurden. Daher mussten sie immer wieder aufs Neue um eine Umschuldung beim Club betteln - der Senegal 14 Mal.
Der Bundestag hat bereits am 15. März 2002 die vorherige Bundesregierung in einer Resolution aufgefordert, sich für die Einführung eines fairen und transparenten Schiedsverfahrens bei Staateninsolvenz mehrheitlich einzusetzen. Ein solches Schiedsverfahren würde den Pariser Club der Gläubiger überflüssig machen. Schuldnerländer hätten dann Zugang zu einem Verfahren, bei dem der Gläubiger nicht auch zugleich das Entscheidungsgremiun stellt.
Weiter Informationen:
Evangelischer Entwicklungsdienst:
Peter Lanzet, tel.: 0228 8101 2313 , Handy: 0170 81 31 191
Birgit Gappa: 0228 8101 2303