(Bonn, 17. Oktober 2006). Mohammed Yunus gehört zu den ersten, die Anfang der 1980er Jahre eine Bank für Arme in Bangladesh aufbauten und die Kreditwürdigkeit von armen Menschen erkannten. Sein Wahlspruch "Kredit ist ein Menschenrecht" hat die Entwicklungszusammenarbeit entscheidend geprägt. Inzwischen ist weltweit anerkannt, dass Arme, die Zugang zu Krediten haben und diese produktiv für ihre Tätigkeiten einsetzen können, kreditwürdig sind.
Mit Kleinkrediten, die über Gruppensolidarität abgesichert sind, werden weltweit Millionen von Menschen in die Lage versetzt, ihr eigenes Einkommen zu erwirtschaften. Sie haben die Möglichkeit, sich von Geldverleihern und aus ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen zu befreien und eine Zukunft für sich und ihre Familie aufzubauen. "Mikrofinanzierung ist keine Wohltätigkeit. Sie ist eine Anerkennung, dass arme Menschen nicht das Problem, sondern die Lösung sind", betonte der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, anlässlich des "UN-Jahres des Mikrokredits" 2005.
Zu Recht hat das norwegische Nobelpreiskomitee daher festgestellt, dass Armutsbekämpfung einen wichtigen Beitrag zur Friedenssicherung leistet und die Vergabe von Mikrokrediten ein Mittel dazu darstellt. "Dort, wo Menschen Armut und Ungerechtigkeit erfahren müssen, werden Gesellschaften destabilisiert. Dies kann ein Nährboden für innergesellschaftliche, staatenübergreifenden Gewalt sein", so EED-Vorstandsmitglied Claudia Warning. "Frieden hingegen wächst in einer gerechten Gesellschaft".
Auch der Evangelische Entwicklungsdienst fördert in zahlreichen Projekten auf der ganzen Welt Partnerorganisationen, die im Kleinkreditwesen arbeiten - so auch in Bangladesh. "Wir haben mit Kleinkrediten erhebliche Erfolge erzielt", sagt Claudia Warning. "Um die Kreditgruppen herum bilden sich Solidaritätsgemeinschaften armer Menschen, die in die Lage versetzt werden, sich selbst zu ernähren und ihre Kinder in die Schule zu schicken. Auch Frauen erhalten die Möglichkeit, sich eine Existenz aufzubauen und zum Einkommen der Familie beizutragen". Ihre soziale Stellung innerhalb der Familie und der Dorfgemeinschaft werde gestärkt, und sie hätten bessere Möglichkeiten, an Lokalverwaltungen und lokalen Parlamenten zu partizipieren.
Der EED freut sich über die Entscheidung des Nobelpreiskomitees. "Damit wird nicht nur Mohammed Yunus geehrt. Es werden all diejenigen gestärkt, die gegen die Armut in der Welt kämpfen", sagt Claudia Warning. "Durch die Preisvergabe wird Armutsbekämpfung zu Recht in das Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt".