(Bonn, 20.3.2006). Kurz vor Ende einer Vertragsstaatenkonferenz im brasilianischen Curitiba einigten sich die Mitgliedsstaaten am vergangenen Freitag darauf, dass Exporteure von Getreide, Ölsaaten und Futtermitteln künftig dokumentieren müssen, welche gentechnisch modifizierten Organismen in ihren Produkten vorkommen.
"Hierdurch wird eine wesentliche Informationslücke innerhalb der Agrarmärkte geschlossen", kommentierte Rudolf Buntzel vom Evangelischen Entwicklungsdienst den Beschluss. Die besondere Bedeutung des Übereinkommens sieht der EED darin, dass Entwicklungsländer ohne eigene Gentechnikgesetze und Überwachungslabors den exportierenden Staaten die Kosten und Konsequenzen der Risikoanalyse überlassen können. "Durch die neue Regelung sind Exporteure gezwungen, die Sicherheit von Genprodukten gegenüber den Importeuren zu garantieren", so Agrarexperte Buntzel. "Außerdem haben Entwicklungsländer nun eine völkerrechtliche Grundlage, sich gegen das Dumping von unkontrolliert gemischten, nicht zugelassenen und gentechnisch verschmutzten Nahrungsmittelimporten zu schützen."
Die erst in letzter Minute errungene Einigung ist das Ergebnis eines harten Ringens, das die internationale Gentechnikpolitik seit dem Jahr 2003 überschattete. Damals trat das Cartagena-Protokoll zur Biologischen Sicherheit in Kraft. Der Kompromiss in Curitiba wurde möglich, nachdem Präsident Lula den Konflikt zwischen Umweltministerin Marina da Silva und Agrarminister Roberto Rodrigues geschlichtet und die brasilianische Regierung sich für eine Kennzeichnung von Genprodukten ausgesprochen hatte. "Hierdurch wurde der mächtige Verband der brasilianischen Sojaölexporteure zurückgepfiffen, der von den gentechnisch veränderten Produkten profitiert", sagte Andreas Behn, EED-Fachkraft in Brasilien.
"Wir können mit dem Kompromiss zufrieden sein", meinte die Malaysierin Lim Li Lin vom Third World Network, einer Partnerorganisation des EED. "Zwar haben die NGO Federn lassen müssen, aber es hätte genauso sein können, dass wir uns nicht einig geworden wären." Als Erfolg werten die NGO, dass die "unbeabsichtigte Verschmutzung" durch gentechnisch veränderte Produkte künftig dokumentiert werden muss. Eine Niederlage sehen sie darin, dass für Ausnahmeregeln in der Übergangszeit keine Fristen gesetzt wurden und nicht klar ist, unter welchen Bedingungen Staaten auf diese Ausnahmeregeln zurückgreifen können.
Unter www.biotec-trade-watch.org berichtete der EED mit Videos, News und inhaltlichen Analysen über den Verlauf der Konferenz.