Würzburg, 6. November 2006. Die beiden kirchlichen Hilfswerke "Brot für die Welt" und Evangelischer Entwicklungsdienst (EED) beklagen die weltweit wachsende Kluft zwischen Arm und Reich. In Zeiten der Globalisierung ließen sich die Grenzen zwischen Armut und Reichtum längst nicht mehr geographisch definieren, erklärten sie am 6. November auf der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Würzburg. Die Entstehung von Armut in Deutschland und in Entwicklungsländern sei vielfach denselben wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen geschuldet. "Gerechtigkeit ist der Schlüsselbegriff für die künftige Entwicklung weltweit". Das Schwerpunktthema der Synodaltagung lautet "Gerechtigkeit erhöht ein Volk - Armut und Reichtum".
Weltweit klafft die Einkommensschere immer weiter auseinander. Die reichsten 500 Einzelpersonen der Welt verfügen gemeinsam über ein größeres Einkommen als die ärmsten 416 Millionen. Mehr als eine Milliarde Menschen lebt in tiefstem Elend von weniger als einem US-Dollar am Tag. Die beiden Werke wiesen an zwei Beispielen auf die Verknüpfung nationaler und internationaler Politik im Kontext von Armut hin.
Die Direktorin von "Brot für die Welt", Cornelia Füllkrug-Weitzel, erklärte, die derzeitige Agrarpolitik und die internationalen Handelsbedingungen vergrößerten die Kluft zwischen Arm und Reich. "Die größte Armut herrscht auf dem Land, dort, wo die Nahrung produziert wird", sagte Füllkrug-Weitzel. "Hochsubventionierte Überschussexporte aus der Europäischen Union nehmen Kleinbauern in den Ländern des Südens die Marktchancen und drängen sie an den Rand der Existenz". Gleichzeitig gerieten auch Kleinbauern in Europa gegen die Konkurrenz multinationaler Unternehmen im Agrar- und Nahrungsmittelsektor immer stärker unter Druck.
Um Ungerechtigkeiten und Armut weltweit zu bekämpfen, müssten folgende Forderungen erfüllt werden: Eine gerechtere Gestaltung des Welthandels, der Abbau von handelsverzerrenden Agrarsubventionen sowie ein bewusster Konsum von fair oder regional gehandelten Produkten in den Industrieländern. Diese Ziele verfolgt auch die neue Ernährungskampagne, die "Brot für die Welt" unter dem Motto "Niemand is(s)t für sich allein" ins Leben gerufen hat.
Der Vorstandsvorsitzende des EED, Konrad von Bonin, betonte: "Es gibt kleine, aber wirksame Schritte, wenn wir bei dem Versuch, Armut zu überwinden, auch bei der Migration ansetzen. Nicht die wandernden Menschen selbst sind die Bedrohung, sondern ihre Armut". Für die Entwicklungsländer bedeute Migration, dass viele hoch qualifizierte Arbeitskräfte ihre Heimat verlassen. In zahlreichen Ländern fehle es deshalb an einheimischen Fachleuten, die dazu beitragen können, Armut zu überwinden, so von Bonin.
Um diesen "brain drain" zu vermeiden, fördert der EED Aufbau- und Promotionsstudien für Hochschulabsolventen aus Entwicklungsländern. Die Stipendiatinnen und Stipendiaten werden von einer Universität oder einer Partnerorganisation des EED vorgeschlagen und erhalten eine Garantie auf einen Arbeitsplatz nach ihrer Rückkehr. Der EED bereitet die Fachkräfte auch auf ihre Heimkehr vor und unterstützt sie bei der Reintegration. Seit 1971 wurden mehr als 1.100 Fachkräfte aus Afrika, Asien und Lateinamerika gefördert. Viele der ehemaligen Stipendiatinnen und Stipendiaten arbeiten heute in verantwortungsvollen Positionen in ihren Heimatländern.
Für Rückfragen:
Gesine Wolfinger ("Brot für die Welt"): 0172-6241368
Birte Detjen (EED): 0171-7648140