(Bonn, 30. Juni 2006). "Jetzt kommt die Stunde der Wahrheit für die EU", sagt EED-Handelsreferent Michael Frein anlässlich der WTO-Verhandlungen, die sich seit Donnerstag u.a. mit Zollsenkungen bei Industrie-, Forst- und Waldprodukten beschäftigen. "Einen Abschluss der Doha-Runde in Genf darf es nur geben, wenn die EU den Entwicklungsländern im Agrarbereich entgegenkommt."
Subventionierte EU-Agrarprodukte überfluten die Märkte von Entwicklungsländern und zerstören in großem Maßstab die Existenzen von Kleinbauern. Die EU will den geplanten Zollsenkungen für alle zustimmen - und damit den ruinösen Export fördern. "Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Entwicklungsländer zumindest mit ihren Forderungen nach einem effektiven Schutz ihres Grundnahrungsmittelbereichs durchkommen", meint Rudolf Buntzel, Beauftragter für Welternährungsfragen beim Evangelischen Entwicklungsdienst.
Der EED fordert die Europäische Union auf, auf die Vorschläge der G-33 - einem Zusammenschluss von 48 armen Entwicklungsländern - und der G-90, einer Gruppe von 90 Entwicklungsländern, einzugehen. Dies würde bedeuten, dass sie bei 20 Prozent ihrer Zollinien, die als "Spezielle Produkte" ausgewiesen werden, keine weitere Marktöffnung vornehmen müssen. Die "Speziellen Produkte" dienen laut WTO-Vertrag der Armutsbekämpfung, der ländlichen Entwicklung und der Ernährungssicherung.
Die Bedeutung dieser Forderung wird von den jüngsten Fällen von Agrardumping in Westafrika unterstrichen. Der EED-Partner ACDIC, eine Bauern- und Verbraucherorganisation aus Kamerun, hat auf einer Pressekonferenz in Yaoundé die Ergebnisse einer neuen Recherche vorgestellt. Fazit: "Wir konsumieren nicht mehr, was wir produzieren, und wir produzieren nicht mehr, was wir konsumieren", so Bernard Njonga, Geschäftsführer von ACDIC. "Kamerun ist inzwischen von importierten Agrarerzeugnissen aus Europa und den USA abhängig - z.B. von Milch, Mais, Reis, Zwiebeln, Tomaten und Geflügel".
Francisco Mari, EED-Koordinator für Projekte zu Agrarexporten, ergänzt: "Unser Partner ACDIC macht das Welthandelssystem, korrupte Regierungsbeamte und die Vernachlässigung der Landwirtschaft bei fehlendem Schutz vor Billigimporten für diese Situation verantwortlich."
Zusammen mit Bauern- und Verbraucherorganisationen aus sieben westafrikanischen Staaten hat ACDIC eine Kampagne zur Ernährungssouveränität gegründet. Die wichtigste Forderung: Förderung der eigenen landwirtschaftlichen Entwicklung und Ausbau des Schutzes vor Billigimporten. Bezüglich der WTO und bilateraler Handelsverträge fordert ACDIC, dass der politische Freiraum erhalten bleibt, die eigene Landwirtschaft durch Schutz und Förderung konkurrenzfähig zu machen.
"Wenn die EU an diesem Wochenende bei der WTO wirklich einen Abschluss erreichen will, muss sie den Entwicklungsländern weit entgegenkommen", sagt Rudolf Buntzel. "Sie muss vor allem das Junktim aufgeben, dass die Entwicklungsländer ihre Ausnahmeregelungen für "Spezielle Produkte" zur Armutsbekämpfung nur dann erhalten, wenn die europäische Landwirtschaft ihre Ausnahmen bei den so genannten "Sensitiven Produkten" - z.B. Weizen, Milch, Rindfleisch und Gemüse - erhält. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun".
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