Pressemeldung

Finanzkrise trifft die Armen in Entwicklungsländern am härtesten erklärt Mitgliederversammlung des EED


(Bonn, 17.10.2008) Die Mitgliederversammlung des EED hat am Donnerstag den 16. Oktober in Berlin eine Erklärung zur Finanzkrise verabschiedet. Grund ist die Sorge darum, dass die augenblickliche Finanzkrise die Armen in den Entwicklungsländern am Härtesten trifft. Die versammelten Kirchenvertreterinnen und –Vertreter fürchten, dass bei ihrer Bewältigung in den Industrieländern die lebenswichtigen Interessen der Menschen, die in Armut leben, aus dem Blick geraten.

Der Erklärung liegen folgende Einschätzungen zugrunde:

Zurzeit werden von den Industriestaaten Billionen von Euro zur Stabilisierung des internationalen Finanzsystems versprochen. Mit einem Mitteleinsatz dieser Größenordnung wäre es möglich,

  • allen Menschen dieser Erde Zugang zu sauberem Wasser und Grundnahrungsmitteln zu verschaffen;
  • alle Aidskranken angemessen zu versorgen;
  • Grundbildung für alle Menschen zu ermöglichen;
  • eine materielle Grundversorgung für alle Menschen zu finanzieren;
  • entscheidende Schritte zur Verhinderung einer einschneidenden Klimaerwärmung zu machen, die andernfalls die Ernten in Afrika halbieren wird;
  • kurz: die Millenniumsziele der Armutsbekämpfung zu realisieren.

Wenn jetzt ein neues Regulierungssystem für die internationalen Finanzmärkte entwickelt wird, darf es nicht den Interessen derer dienen, die diese Krise hervorgerufen haben durch rücksichtslose Ertragsgewinnung, durch Ausbeutung, unfaire Verteilung des Erwirtschafteten und dabei die Zunahme des Gefälles zwischen arm und reich billigend in Kauf nehmen.

Für ein Finanzsystem, das allen Menschen dient, müssen folgende Punkte berücksichtigt werden:

  • Die Finanzmärkte brauchen mehr Verteilungsgerechtigkeit. Dies kann nur durch international vereinbarte Regulierung sichergestellt werden.
  • Grundnahrungsmittel und Naturgüter, von denen Kleinbauern, Hirtenvölker, Indigene und Kleinfischer leben, dürfen nicht Gegenstand von Spekulationen werden.
  • Realwirtschaftliche Leistungen und produktive Investitionen müssen Kern der Operationen bleiben.
  • Entwicklungs- und Schwellenländer dürfen ihre sich entwickelnden Märkte  - auch ihre Kapitalmärkte  - schützen und regulieren. Notwendig ist außerdem eine strukturelle Lösung der Verschuldungskrise durch ein faires und transparentes Schiedsverfahren sowie die Streichung illegitimer Schulden.
  • Finanzprodukte müssen nach internationalen Kriterien zugelassen und kurzfristige Devisentransaktionen mit einer Börsenumsatzsteuer belegt werden.
  • Wir benötigen eine ökosoziale Marktwirtschaft mit menschlichem Antlitz. Die vielfachen Bemühungen um ethische Investments weisen in die richtige Richtung.

Die Kirchen und ihre Entwicklungswerke sind bereit, ihre Erfahrungen aus der Arbeit mit Partnern in Übersee in über 80 Ländern des Südens in einen gesellschaftlichen Diskussionsprozess zur Neustrukturierung des Finanzsystems einzubringen. Sie werden sich gegenüber der Politik und der  Öffentlichkeit für ein menschengerechtes und nachhaltiges Finanzsystem einsetzen. Auch für die Finanzmärkte gilt: Wachstum muss menschen- und schöpfungsgerecht sein.


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Kleinbäuerin Claudine Hashazinyange mit Avocados vom Baum ihres Schwiegervaters.

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