Pressemeldung

Neuanfang in der internationalen Handelspolitik gefordert


(Bonn / Stuttgart, 30.07.2008) Entwicklungsorganisationen sehen trotz Scheiterns der WTO-Gespräche positive Zeichen.

Nach Ansicht von Entwicklungshilfeexperten belegt das Scheitern des Krisentreffens zur Rettung des Welthandelsabkommen am Dienstagabend die Notwendigkeit eines Neuanfangs in der internationalen Handelspolitik. Dies haben die evangelischen Hilfswerke „Brot für die Welt“ und Evangelischer Entwicklungsdienst sowie die Nord-Süd-Initiative Germanwatch gefordert, nachdem sich die Minister bei ihrem Treffen zur Welthandelsorganisation (WTO) in Genf nicht auf einen Schutzmechanismus für die Landwirtschaft in Entwicklungsländern einigen konnten. Gleichwohl sehen die Organisationen einige ermutigende Signale im Verlauf der so genannten „Doha-Runde“.

„Es ist eine Ironie der Geschichte, dass die als ‚Entwicklungsrunde’ deklarierten Doha-Verhandlungen ausgerechnet an einem entwicklungspolitischen Thema gescheitert sind“, sagte Klaus Seitz, Experte für Entwicklungspolitik von „Brot für die Welt“. Am Dienstagabend hatte WTO-Generaldirektor Pascal Lamy die Verhandlungen ergebnislos abgebrochen, nachdem die USA einen letzten Kompromissvorschlag über die Gestaltung eines speziellen Schutzes für die Landwirtschaft in Entwicklungsländern zurückgewiesen hatten.

Über 100 Entwicklungsländer hatten gefordert, in den WTO-Verträgen eine Klausel zu verankern, die es ihnen erlaubt, Zölle zeitweise anzuheben, wenn sie sich mit plötzlich stark ansteigenden Importen konfrontiert sehen. „Wie wichtig diese Möglichkeit sein kann, zeigen die Erfahrungen unserer Partner in Westafrika“, betont Francisco Mari, Agrarexperte beim Evangelischen Entwicklungsdienst (EED). „Viele Kleinbauern verloren durch den Import von billigen Geflügelteilen aus der Europäischen Union und den USA den größten Teil ihrer lokalen Absatzmärkte und damit ihren Lebensunterhalt,“ sagte er.

Die Verankerung eines speziellen Schutzmechanismus für Entwicklungsländer wäre nach Ansicht der Organisationen einer der wenigen entwicklungspolitischen Pluspunkte der Doha-Verhandlungen gewesen. Zum Abbau der für die Produzenten im Süden besonders schädlichen Subventionen für Baumwolle hatten die USA jedoch noch kein Angebot auf den Tisch gelegt. „Selbst wenn es bei diesen Themen zu positiven Ergebnissen gekommen wäre, hätten viele Entwicklungsländer dies teuer bezahlen müssen“, kritisierte Tobias Reichert von Germanwatch. Er verwies auf Einschnitte in Zölle für Industriegüter, die in Ländern wie Südafrika oder Argentinien viele Arbeitsplätze gekostet hätten.

Als ermutigende Signale in der Doha-Runde nannten die Organisationen die deutlich verbesserte Kooperation und Koordination der Entwicklungsländer. Damit hätten sie ein effektives Gegengewicht zu den in der Vergangenheit dominierenden Industriestaaten bilden können. Die Organisationen warnen jedoch davor, dass die EU und die USA dies durch bilaterale Handelsabkommen mit Entwicklungsländern unterlaufen könnten. Vielmehr sei nun eine Neuausrichtung des mulitlateralen Handelssystems nötig.

Für Rückfragen:

Rainer Lang „Brot für die Welt“, Tel. 0711/2159-147
Tobias Reichert, Germanwatch, Tel. 0178 - 2125803
Francisco Mari, EED, Tel. 0179 – 4621 783


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