Auf der Haben-Seite steht Frein zufolge, dass ein völkerrechtlich verbindliches Protokoll zunehmend wahrscheinlicher wird. Auf der anderen Seite konnten die Rechte indigener Völker nicht weiter gestärkt werden. „Wir bestehen darauf, dass unsere Rechte vollständig anerkannt werden, und zwar auf der Basis der UN-Erklärung über die Rechte indigener Völker“, so Joji Carino vom philippinischen EED-Partner Tebtebba.
Auch nach der Montrealer Konferenz ist ein positiver Ausgang der Verhandlungen noch keinesfalls gesichert. „Noch kann beides herauskommen: ein Instrument, das die Schwachen schützt und Gerechtigkeit sichert, oder aber ein Abkommen, das Biopiraterie verstärkt und legitimiert“, so Chee Yoke Ling vom malaysischen EED-Partner Third World Network.
Für ein gutes Ergebnis müssen die Länder zudem noch Hausaufgaben erledigen. Die deutsche Bundesregierung etwa muss das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) dazu bringen, seine Vorbehalte gegen den Einschluss von pathogenen Organismen, also Krankheitserregern, in das neue Abkommen aufzugeben. „Man wird den Verdacht nicht los, dass Minister Rösler die Interessen der deutschen Pharmaindustrie vertritt. Die globale Gerechtigkeit bleibt dabei auf der Strecke“, kritisiert Michael Frein.
Mit seiner Position steht das BMG praktisch alleine da – es blockiert jedoch eine Positionierung der Bundesregierung, die wiederum die EU aufhält, was dann auf globaler Ebene einen Konsens verhindert. Ohne den Einschluss pathogener Organismen werden die Entwicklungsländer dem neuen Abkommen kaum zustimmen können – würden doch damit ihre Interessen erheblich beschnitten. Beispielsweise stellte Indonesien der internationalen Gemeinschaft kostenlos Viren für die Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten zur Bekämpfung der Vogelgrippe zur Verfügung. Allerdings wurde der im Gegenzug erwartete freie Zugang zu dem von einem US-Unternehmen entwickelten Impfstoff durch ein Patent blockiert, die Marktpreise sprengten die finanziellen Möglichkeiten von Entwicklungsländern.
Kern der Verhandlungen für ein völkerrechtlich verbindliches Protokoll gegen Biopiraterie sind Regeln für den Zugang zu traditionellem Wissen, beziehungsweise genetischen Ressourcen, und dem gerechten Ausgleich der Vorteile, die aus deren Nutzung entstehen. Praktisch geht es darum, dass Unternehmen sich nicht mehr frei bedienen können, wenn sie genetische Ressourcen oder traditionelles Wissen für die Entwicklung von Medikamenten, Kosmetika und anderen Produkten einsetzen. Das Ziel des Verhandlungsprozesses ist die Verabschiedung dieses Protokolls bei der nächsten Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) im Oktober 2010 in Nagoya (Japan).