Die Europäische Kommission hat am 5. November die Exportsubventionen für die meisten Milchprodukte eingefroren. "Dieser Schritt war überfällig", sagt Carolin Callenius, Ernährungsexpertin bei "Brot für die Welt". "Diese ,Marktstützungsmaßnahmen von gestern` müssen nicht nur ausgesetzt, sondern schnellstmöglich abgeschafft werden." Nach Ansicht beider Nichtregierungsorganisationen tragen solche Subventionen zum Hunger in Entwicklungsländern bei. Das bestätigten auch viele Teilnehmer des Welternährungsgipfels in Rom. Die Entwicklungsorganisationen und ihre Partner aus Afrika und Asien sehen diesen Schritt auch als Erfolg ihrer anhaltenden Proteste und Aktionen in den letzten Monaten an.
"Wirkungsvolle und praktikable Schutzmechanismen, die die Regierungen von Entwicklungsländern zum Schutz von Produzenten anwenden können, existieren in den internationalen Handelsverträgen praktisch nicht", erläutert Francisco Mari, Experte für Agrarhandel beim Evangelischen Entwicklungsdienst (EED). "Es gibt aber Vorschläge, die es den Entwicklungsländern erlauben würden, sich vor Dumping aus den Industriestaaten effektiv zu schützen - durch schnelle Reaktionen, zum Beispiel durch Zollerhöhungen oder Einfuhrquoten." Tatsächlich zeigen die neuesten Zahlen der Brüsseler Behörde, dass entgegen früherer Behauptungen zwischen Juni und Oktober 2009 47 Prozent der Vollmilch- und 37 Prozent des Magermilchpulvers in Länder Afrikas, der Karibik und des Pazifiks exportiert wurden.
"Brot für die Welt" und EED haben dazu eine Studie erarbeitet, die auch auf der Konferenz der Welthandelsorganisation (WTO) nächste Woche in Genf vorgestellt werden soll. Darin lautet die Forderung: zumindest für die "Importflut von Agrarprodukten" müsse ein wirksamer Schutz verankert werden. "Spätestens die Diskussion um die Europäische Agrarreform 2013 muss verdeutlichen, dass die EU ihre Praxis des Agrardumpings durch Export- und andere Subventionen gegen Entwicklungsländer beenden muss", betont Carolin Callenius.
"Brot für die Welt" und EED hatten schon in der Vergangenheit am Beispiel Westafrikas darauf hingewiesen, dass diese Subventionen nicht der ausschließliche Grund für Dumpingpreise sind. In Kamerun wurde beispielsweise durch die jahrelangen Billigimporte von Milchpulver der mit Entwicklungsgeldern und Spenden geförderten Aufbau einer eigenen Milchwirtschaft behindert (weitere Informationen unter www.eed.de/milchdumping). So wirkt sich die Handelspolitik der Europäischen Union auch in anderen Bereichen verheerend aus, wie die Beispiele bei Schweine- oder Hühnchenfleisch-Exporten zeigen. Hier werden die Länder des Südens oftmals gezwungen, ihre Einfuhrzölle zu senken und gleichzeitig ihre eigenen Märkte für EU-Importe zu öffnen. So haben heimische Hühnchen- oder Schweinefleisch-Produzenten oft keine Chance, ihre eigenen Produkte zu vernünftigen Preisen der heimischen Bevölkerung anzubieten.
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Für Rückfragen:
"Brot für die Welt", Carolin Callenius, Tel. 0176 678 508 57
EED, Francisco Mari, Tel. 0179 462 17 83