Steen betonte, dass für eine erfolgreiche Entwicklungszusammenarbeit mehr nötig sei, als nur mehr Mittel für Entwicklungsprogramme: Von 1985 bis 2005 bekamen die Entwicklungsländer Afrikas südlich der Sahara 272 Milliarden US-Dollar an Entwicklungshilfe. Das ist exakt die gleiche Summe, die dieser Region in diesem Zeitraum allein durch den ungerechten Welthandel verloren ging. Darüber hinaus entgingen den Entwicklungsländern jährlich mehr als 500 Milliarden US-Dollar durch Steuerhinterziehung und Kapitalflucht. „Was mit der einen Hand gegeben wird, wird mit der anderen wieder genommen. Die politischen Rahmenbedingungen müssen für eine effektive Wirksamkeit der Entwicklungshilfe geändert werden.“
Als Beispiele dafür stellte Francisco Marí, Agrar- und Handelsexperte beim Evangelischen Entwicklungsdienst, den Einfluss der EU-Agrar- und Fischereipolitik auf die Verhältnisse in den Entwicklungsländern vor. „Afrika könnte sich selbst ernähren“, sagte er. Doch aufgrund des Machtgefälles zwischen den Industrienationen und den Entwicklungsländern müssten die afrikanischen Staaten ihre Märkte für Importe öffnen.
Dies zeige ein Beispiel aus dem diesjährigen EED-Arbeitsbericht. In Westafrika haben Geflügelzüchter ihre Erwerbsgrundlage verloren, weil aus der Europäischen Union weiterhin Hähnchenreste zu Dumpingpreisen exportiert werden. Jahr für Jahr gelangen 140.000 Tonnen Geflügelfleisch aus der EU nach Afrika. Denn in Europa lässt sich nicht das ganze Huhn absetzen, vor allem liebten die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher die zarte Hühnerbrust. Andere Teile gelangen auf die afrikanischen Märkte. „Die Entwicklungsländer sollen das Recht erhalten sich wirksam gegen Dumping in der Fleischbranche mit Zöllen und Einfuhrbeschränkungen zu schützen“, forderte Marí.
Umgekehrt tragen Europäische Trawler zur Überfischung der Meere vor den Küsten Westafrikas bei. Die europäischen Fangflotten sind legal und illegal auf der Suche nach Edelfisch für Europas Tische. Bei den bisherigen EU-Abkommen mit westafrikanischen Staaten standen einseitig die Bedürfnisse der europäischen Fischer im Mittelpunkt. Bis zum Jahr 2013 will die EU ihre gemeinsame Fischereipolitik reformieren.
„Bei allen zukünftigen Abkommen müssen zuerst die Interessen der afrikanischen Küstenfischer berücksichtigt werden“, forderte Francisco Marí. „In manchen Ländern wird bis zu 60 Prozent des Proteinhaushaltes der Menschen durch Fischfang gedeckt. Die Ernährungssicherheit dieser Länder ist akut gefährdet.“ Darüber hinaus müssten bei der Neugestaltung der europäischen Fischereipolitik effektive Regeln eingeführt werden, die es unmöglich machen Fisch aus illegalem Fang in der EU zu vermarkten. „Fischprodukte, die aus Gewässern stammen, die auch von Kleinfischern befischt werden, dürfen nicht in europäischen Häfen anlanden. Jedes Fischprodukt muss sich vom Fanggrund bis zum Teller zurück verfolgen lassen“, so Marí. Damit diese Forderungen der westafrikanischen Kleinfischer in eine neue EU-Fischereipolitik Eingang finden, hat der EED ein Nord-Süd Lobbyprojekt begonnen um Politiker und Industrie zu überzeugen.
Auf der Pressekonferenz wurde auch der Jahresbericht vorgestellt. Die gesamten Einnahmen des EED beliefen sich 2008 auf 157,4 Millionen Euro. Gegenüber 2007 war dies ein Zuwachs um 6,6 Millionen Euro. 106,4 Millionen Euro kamen aus staatlichen Mitteln und 43,5 Millionen Euro aus Kirchensteuermitteln, der Rest stammt aus Spenden von „Brot für die Welt“ (4,7 Millionen Euro) und „sonstigen Einnahmen“. Der EED verwendete 43,5 Millionen Euro für Programme in Afrika, 33,9 Millionen Euro für Asien, 15,7 Millionen Euro für Lateinamerika und 7,5 Millionen Euro für Südosteuropa und den Kaukasus. 2008 unterstützte der EED 2.166 Projekte in aller Welt. Der regionale Schwerpunkt lag weiterhin in Afrika.
Der Arbeitsbericht 2008/2009 im Internet:
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