Grund für die überraschende Wende in der Nacht auf Freitag war die Drohung mehrerer Entwicklungsländer, ohne ein Protokoll gegen Biopiraterie auch anderen Verhandlungsergebnissen nicht zuzustimmen. "Der Druck für alle Verhandlungsteilnehmer ist enorm. Nicht nur das Protokoll gegen Biopiraterie steht auf dem Spiel, ohne ein vereinbartes Arbeitsprogramm stünde die CBD praktisch nackt da", sagt Michael Frein, der für den Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) die Verhandlungen in der Nacht beobachtete. Nach dem Scheitern der Klimaverhandlungen in Kopenhagen arbeiteten in Nagoya alle mit Hochdruck daran, den Stillstand in einem weiteren UN-Verhandlungsprozess zu verhindern.
Eine Schwäche des neuen Vorschlags sei die schwache Verankerung der Überwachung der Protokollregeln. "Es ist ein Fehler, die Patentämter der Industrieländer nicht verpflichtend in die Überwachung des Protokolls einzubinden", sagt Michael Frein. "Hier liegt ein Schlupfloch für Biopiraten. Sie können auch künftig darauf hoffen, Patente zu erhalten, ohne dass sie die für eine Erfindung genutzten genetischen Ressourcen gemäß den Bestimmungen des Protokolls gegen Biopiraterie erhalten haben."
Die Industrieländer hingegen müssten bei Annahme des Protokolls eine Definition genetischer Ressourcen mittragen, der sie in den vergangenen Jahren nicht zustimmen wollten. An dieser Stelle waren die Verhandlungen am Vorabend auseinander gebrochen. Auch beim Thema Krankheitserreger stimmten die EU und Deutschland einer Regelung zu, die sie vorher noch strikt abgelehnt hatten. "Die Gefahr eines Schlupflochs scheint mit dem japanischen Vorschlag an dieser Stelle abgewehrt. Man hat eine vernünftige Balance gefunden zwischen der Notwendigkeit, Epidemien schnell zu bekämpfen und der Verpflichtung zum Vorteilsausgleich", sagt Michael Frein.
"Für viele Entwicklungsländer ist der neue Vorschlag an einigen Stellen problematisch, an anderen vorteilhaft", zieht Michael Frein Bilanz. Der Vorschlag enthalte Aspekte, die auf dem normalen Verhandlungswege nicht zu erreichen gewesen seien. "Alle Staaten müssen Federn lassen, um das Protokoll zu verabschieden", sagt Frein. "Das Problem dabei ist: Die einen mehr, die
anderen weniger."
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