Angesichts der dramatischen Situation der Menschen aus Nordafrika, die derzeit versuchen Schutz in Europa zu finden, fordern der Diakonie Bundesverband und die evangelischen Hilfswerke "Brot für die Welt" und Diakonie Katastrophenhilfe mehr Solidarität mit den betroffenen Staaten Nordafrikas beim Schutz der Flüchtlinge und Migranten. Im Blick auf das Treffen des Europäischen Rats am 23. und 24. Juni, bei dem die Asyl- und Flüchtlingspolitik sowie die Situation im südlichen Mittelmeer diskutiert werden, verlangen die Organisationen eine humanere Einwanderungspolitik und verstärkte Anstrengungen, die Staaten in Nordafrika beim Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen zu unterstützen.
"Aus unserer Sicht halten wir einen Perspektivwechsel der politischen Entscheidungsträger in Europa und Deutschland für erforderlich. Er muss auf einer sachlichen Diskussion beruhen und daran orientiert sein, nachhaltige Zukunftsperspektiven für die Menschen in Nordafrika zu ermöglichen. Europa ist aufgefordert, besseren Zugang zu fairen Asylverfahren zu schaffen und ein Programm zur Aufnahme von Flüchtlingen zu entwickeln", heißt in einer gemeinsamen Erklärung zur aktuellen humanitären Situation in Nordafrika mit dem Titel "Für eine menschenrechtskonforme Asyl- und Migrationspolitik der EU".
Die Absage der Bundesregierung an das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR, wenigstens einen Teil der 8.000 Flüchtlinge aus Libyen aufzunehmen, sei zu vorschnell erfolgt. Denn Deutschland habe angekündigt, im Libyenkonflikt eine konstruktive Rolle einzunehmen und dürfe sich nun nicht wieder aus der Verantwortung zurückziehen, betonen Diakonie-Präsident Johannes Stockmeier und Cornelia Füllkrug-Weitzel, Direktorin von "Brot für die Welt" und Diakonie Katastrophenhilfe, im Blick auf die Sitzung des Rates.
Die Gestaltung von Zuwanderung nach Europa sei eine politische Aufgabe. Dabei dürften nicht allein wirtschaftliche Interessen den Ausschlag geben. Neben humanitärer Flüchtlingsaufnahme, die keinem Finanzierungsvorbehalt unterliegen darf, und entwicklungspolitischen Gesichtspunkten seien auch die Perspektiven und die Menschenrechte der Arbeitssuchenden in den Blick zu nehmen, wird in der Erklärung gefordert.
Durch die Veränderungen in Nordafrika habe die EU eine neue Chance bekommen, ihre allein auf Abschottung ausgerichtete Flüchtlings- und Migrationspolitik maßgeblich zu ändern. Die Zusammenarbeit mit Staaten, die unter massiven Verletzungen der Menschenrechte Flüchtlingen und Arbeitsuchenden den Zugang nach Europa verwehrten, dürfe nicht fortgesetzt werden. "Es ist Zeit für die EU, eine humanere Einwanderungspolitik zu entwickeln - eine Politik, die sich orientiert an den Menschenrechten der Frauen, Männer und Kinder, die ihre Herkunftsländer verlassen, um woanders ein besseres Leben zu führen", heißt es in der Erklärung.