Pressemeldung

Somalia: Kirchliche Hilfswerke fordern politische Lösung


(Bonn, 24.11.2011) Wegen der Eskalation der Kriegshandlungen in Somalia durch den Einmarsch kenianischer und äthiopischer Truppen fordern kirchliche Hilfswerke die Rückkehr zu politischen Lösungsstrategien. „Es ist erschreckend, dass in den internationalen Gremien nur noch über militärische Strategien beraten wird“, sagt Claudia Warning, Vorstand des Evangelischen Entwicklungsdienstes (EED) und Vorsitzende des Beratungsausschusses Horn von Afrika.

Die erneute

militärische Eskalation behindert die humanitäre Hilfe, auf die über 1,4

Millionen intern Vertriebene für ihr Überleben angewiesen sind. Sie gefährdet

zudem die Sicherheit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von

Nothilfeorganisationen.

In der Region am Horn von Afrika, und speziell in Somalia,

leiden die Menschen unter der schlimmsten Dürrekatastrophe seit Jahrzehnten. In

der gesamten Region sind über 11 Millionen Menschen unmittelbar gefährdet.

„Speziell in Somalia ist das Ausmaß der Katastrophe eindeutig die Folge von

über 20 Jahren fehlgeleiteter Politik der internationalen Gemeinschaft. Die

Dürre war hier nur ein verstärkender Faktor, der zu der humanitären Katastrophe

geführt hat", erklärt Helmut Hess, Vorsitzender des internationalen Aufsichtsrates

der somalischen Hilfsorganisation Daryeel-Bulsho-Guud

(DBG).

Es sei eine

nicht zu verleugnende Tatsache, dass die von der internationalen Gemeinschaft

gestützte Übergangsregierung unter Sheikh Sharif Sheikh Ahmed in der

somalischen Bevölkerung nicht anerkannt und akzeptiert werde, so Wolfgang

Heinrich vom EED. Das sei ein Grund dafür, dass die radikal islamische

al-Shabab nach wie vor Unterstützung in der Bevölkerung finde, auch wenn viele

Somalis die fundamentalistische Interpretation des Islam ablehnten, sagte

Wolfgang Heinrich. „Die internationale Gemeinschaft verfolgt eine völlig

einseitige Politik mit ihrer bedingungslosen Unterstützung der Übergangsregierung.

Sie sieht großzügig über ihre Unfähigkeit und massive Korruption hinweg und ist

damit zur Kriegspartei geworden, statt Friedensstifter zu sein", beobachtet

Ruth Gütter vom Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

„Unter dieser Politik leiden wieder die Menschen in Somalia. Sie werden in eine

immer aussichtslosere Lage getrieben", so Ruth Gütter.

Mitte des

Jahres hat es ernst zu nehmende Signale gegeben, dass Teile der al-Shabab

bereit waren, über den freien Zugang von Hilfsorganisationen zu Opfern der

Dürrekatastrophe zu verhandeln. „Die internationale Gemeinschaft hat diese

Signale missachtet und sich nicht ernsthaft bemüht, Verhandlungen aufzunehmen. Damit

hat sie eine Gelegenheit verschenkt, Möglichkeiten für eine politische Lösung

auszuloten", sagt Ruth Gütter.

Über die

vergangenen zwanzig Jahre hat jede militärische Intervention in Somalia das

Gegenteil von dem bewirkt, was hätte erreicht werden sollen. „Bundesminister

Niebel hat völlig Recht, wenn er darauf hinweist, dass nur ein politischer

Prozess zu einer Lösung führen kann", erklärt Claudia Warning. „Eine militärische

Intervention ist unter den gegenwärtigen Bedingungen und Angesichts der

Geschichte Somalias in den letzten 20 Jahren, das Falscheste, was man tun kann",

sagt Claudia Warning.

Die Hilfswerke fordern die Bundesregierung deshalb auf, sich

für einen politischen Lösungsprozess und eine Beendigung der militärischen

Interventionen einzusetzen. Dazu gehöre, dass mit allen Konfliktparteien

gesprochen werden muss. „Dazu gehören auch die

al-Shabab. Wir müssen sie weiterhin kritisch beurteilen, aber wir müssen

beginnen, sie als Gesprächspartner ernst zu nehmen", so Karl Pfahler von der

Kindernothilfe.

Im

Beratungsausschuss Horn von Afrika tauschen sich die Evangelische Kirche in

Deutschland (EKD), die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannovers, „Brot

für die Welt", der Evangelische Entwicklungsdienst (EED), das Evangelisch

Lutherische Missionswerk in Niedersachsen (ELM), das Berliner Missionswerk und

die Kindernothilfe über die Lage am Horn von Afrika aus, entwickeln gemeinsame

Forderungen und stimmen ihre Strategien ab.


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