Derzeit erhalten weltweit nur 24 Prozent aller HIV-positiven Kinder die lebensrettenden Medikamente. „Besonders dramatisch ist die Situation von Babys und Kleinkindern“, so Astrid Berner-Rodoreda, HIV-Expertin von Brot für die Welt. Erhält ein HIV-positives Baby keine Behandlung, so liegt das Risiko, dass es im ersten Lebensjahr stirbt, bei über 30 Prozent. Ihr zweites Lebensjahr erleben schon über die Hälfte der HIV-positiven Kleinkinder nicht mehr. Nur etwa ein Drittel aller HIV-Medikamente, die es für Erwachsene gibt, sind auch für Kleinkinder zugelassen und viele Kindermedikamente sind in keiner geeigneten Darreichungsform vorhanden.
Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt für die Behandlung von HIV-positiven Babys vier Wirkstoffe, von denen zwei vom Pharma-Unternehmen AbbVie hergestellt werden. Diese beiden Wirkstoffe stehen in Indien und Südafrika unter Patent bzw. vor der Patentierung. AbbVie hat nun seine Patentanträge in Indien zurückgezogen und eine Lizenz für die Medikamentenherstellung für über 100 Länder erteilt. 99 Prozent aller HIV-positiven Kinder können somit von der Lizenz profitieren.
Doch die Darreichungsform des AbbVie-Medikaments muss dringend verbessert werden. „Das Medikament enthält über 40 Prozent Alkohol und schmeckt fürchterlich“, so Astrid Berner-Rodoreda. Generikafirmen sind dabei, bessere Darreichungsformen zu entwickeln sowie neue Kombinationspräparate. Diese vereinfachen und verbessern die Behandlung für Kinder und werden dringend benötigt. Länder wie Südafrika – das Land mit der höchsten Zahl an HIV-positiven Kindern – können damit Generika und Kombinationspräparate kaufen. Die Behandlung mit HIV-Medikamenten ist in den meisten Ländern für die Betroffenen in der öffentlichen Gesundheitsversorgung inzwischen kostenfrei.
„Auf diese Lizenz warten wir schon seit Jahren“, so Berner-Rodoreda. „AbbVie stellt damit zum ersten Mal sein wichtiges HIV-Medikament Lopinavir/Ritonavir Generikafirmen für die Herstellung und Verbreitung der Kindermedikation zur Verfügung“. Im Patentpool stellen die pharmazeutischen Originalhersteller ihre Lizenzrechte für HIV-Medikamente Generikafirmen zur Verfügung. Diese Unternehmen können die Medikamente dann selbst herstellen, sie mit anderen Medikamenten kombinieren und in die Länder exportieren, die in der Lizenz aufgelistet sind. Andere Firmen, die neuere HIV-Medikamente für Kinder herstellen, sollten nun ebenfalls erfolgreich mit dem Patentpool verhandeln, so dass für die Behandlung von Kleinkindern und Kindern genügend Kombinationspräparate zur Verfügung stehen.
Brot für die Welt unterstützt die Mitmachaktion des Aktionsbündnisses gegen AIDS: „Kinder ohne Aids – Medikamente und Tests für alle“ und sieht diese Lizenz als einen wichtigen Schritt, dieses Ziel zu erreichen.
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