Die gesamten Verhandlungen wurden von dem erbitterten Streit über eine Beendigung der Doha-Runde dominiert. Die Entwicklungsländer wollen die vor 14 Jahren begonnenen Verhandlungen nicht ergebnislos beenden. Die Industriestaaten hingegen verabschieden sich von der Entwicklungsagenda. Denn nur ein Ende der Doha-Runde lässt es zu, dass Verhandlungen über neue Themen wie Investitionsschutz oder Dienstleistungen aufgenommen werden. „Mit Verhandlungen über neue Themen wollen die Industrieländer ihren Konzernen den Zugriff auf die Dienstleistungsmärkte in Entwicklungsländern sichern“, sagt Hilbig. Unfaire Konkurrenz beispielsweise im öffentlichen Beschaffungswesen würde verhindern, dass kleine lokale Anbieter bei staatlichen Aufträgen zum Zuge kämen. „Das Versprechen von Doha, die Stellung von Entwicklungsländern im Welthandel zu stärken, hat sich in Nairobi nicht erfüllt“, kritisiert Welthandelsexperte Hilbig. Die in Nairobi verabschiedete Erklärung enthält erstmals gegensätzliche Positionen.
Auch die Fortschritte im Agrarbereich sind unzureichend. Die Delegationen einigten sich nach langem Streit lediglich auf das Verbot von Exportsubventionen bis 2023 – ein Instrument, auf das die EU seit Jahren freiwillig verzichtet. Allerdings setzten die USA eine Ausnahme für ihre Exportkredite durch.
Schon lange fordern Entwicklungsländer Schutzmaßnahmen wie Quoten und Sonderzölle gegen die Überflutung ihrer Agrarmärkte durch Dumpingprodukte. „Nach wie vor sind Industriestaaten nicht bereit, den Entwicklungsländern Schutzmaßnahmen zu gewähren, wenn subventionierte Dumpingprodukte ihre Märkte überfluten“, hebt Francisco Mari, Landwirtschafts-Referent von Brot für die Welt, hervor. „Das Ungerechte dabei ist, dass die WTO-Regeln beispielsweise der EU solche Schutzmaßnahmen erlauben und diese auch immer wieder angewendet werden.“
Die Industriestaaten machen geltend, dass Schwellenländern aufgrund ihrer Wirtschaftskraft nicht mehr die gleichen Handelsvorteile wie den ärmsten Ländern gewährt werden sollten. Bei ihrem Versuch, die Gruppe der Entwicklungsländer aufzuspalten, kommen aber die ärmsten Staaten unter die Räder. „Die großen Verlierer im Zwist zwischen Industrie- und Schwellenländern sind die ärmsten Staaten. Notwendig wäre ein Welthandelssystem, in dem faires Wirtschaften und soziale Rechte grundlegend sind“, erklärt Handelsexperte Sven Hilbig.