Francisco Marí, Agrarhandelsexperte bei Brot für die Welt: „Billigfleischreste aus der EU-Massentierhaltung bei Geflügel und Schwein sind auf den afrikanischen Märkten konkurrenzlos billig. Agrarexporte zu Preisen unterhalb der Produktionskosten müssen unterbunden werden, weil sie verbotenes Dumping darstellen.“ In Westafrika, der am meisten von den EU-Billigimporten betroffenen Region, dürfen die Staaten, die zum Schutz einheimischer Betriebe totale Importverbote gegen EU-Hähnchenteile erlassen hatten, seit Jahresbeginn nur noch einen Zoll von höchstens 35 Prozent erheben. Auch das reicht nicht, um die einheimische Geflügelproduktion zu erhalten. „Bei einem durchschnittlichen EU-Ausfuhrpreis von 0,90 Euro pro Kilo kann ein solcher Zollsatz die lokalen Hähnchenmäster nicht schützen. Sie haben Kosten von 1,80 Euro pro Kilo“, erläutert Stig Tanzmann, Landwirtschaftsexperte bei Brot für die Welt.
Bei der Grünen Woche stellt Brot für die Welt unter dem Motto „Satt ist nicht genug“ in Halle 4.2. auf dem Messegelände vor, wie eine lokale und nachhaltige Lebensmittelproduktion aussehen kann. Stig Tanzmann: „Wenn wir wollen, dass sich alle Menschen ausreichend und gesund ernähren können, müssen wir die kleinbäuerliche Landwirtschaft unterstützen. Familienbetriebe müssen ihre Produkte auch auf lokalen Märkten verkaufen können.“ Neben den 800 Millionen Menschen, die hungern, leiden bis zu zwei Milliarden an Mangelernährung, weil ihnen gesunde Nahrung nicht ausreichend zur Verfügung steht. Unter ihnen viele kleinbäuerliche Familien, die durch Exporte des Nordens massiv bedrängt werden, wie das Hähnchen-Beispiel zeigt. Das gerade unterzeichnete Handelsabkommen (EPA) mit Westafrika öffnet den EU-Fleischexporteuren in der Zukunft weitere Absatzmärkte und wird das Problem verschärfen.
„Die auf Export ausgerichtete Tierproduktion in Europa und Deutschland ist aus unserer Sicht zurzeit nicht nachhaltig. Es ist ein wahrer Teufelskreis“, so Stig Tanzmann. Er beginnt mit der Futtermittelproduktion in Südamerika, wo es immer wieder zu Vertreibungen und großen Umweltschäden kommt, setzt sich in Europa mit Übergewicht und Überdüngung fort und findet dann in Afrika seinen Abschluss, wo die europäischen Exporte die lokale Produktion zerstören und die Gesundheit der Käuferinnen und Käufer gefährden, da für das Hühnerfleisch keine funktionierende Kühlkette besteht.
Die Bedrohung der Landwirtschaft in Afrika thematisiert auch Elizabeth Mpofu
von der Organisation Via Campesina. Sie beklagt den Verlust von Anbauflächen, wenn afrikanische Regierungen Land an transnationale Konzerne geben und die mangelnden Rechte der Frauen, die immer noch die Hauptlast der Nahrungsmittelproduktion tragen – oft als Geflügelhalterinnen. Gemeinsam mit Brot für die Welt wird sie an der Groß-Demonstration am 17. Januar teilnehmen. Zudem ist Brot für die Welt auf dem Messegelände mit einem Stand zum Thema „Satt ist nicht genug“ in Halle 4.2 vertreten.
Hinweis für Redaktionen:
Für Rückfragen erreichen Sie Francisco Marí unter 0179 4621 783 (Exportzahlen, Handelsabkommen EPA ) und Stig Tanzmann unter 0174 1630 393 (Brot für die Welt bei der Grünen Woche, Global Forum for Food and Agriculture, Interviewwünsche Elizabeth Mpofu)
Die Entwicklung der Hähnchenfleischexporte der EU und aus Deutschland nach Afrika finden Sie hier.
Das Programm von Brot für die Welt zur Grünen Woche finden Sie unter diesem Link
Alles zum Thema „Satt ist nicht genug“ finden Sie hier.
Pressesprecherin Renate Vacker,
Tel. 030 65211 1833,
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