Beispiel Milch: Durch den vermehrten Billig-Export von Milchpulver unter anderem aus der EU stehen in Westafrika immer mehr Kleinbauern und Viehhirten vor dem Aus. Aber auch in Deutschland werden Milchproduzenten und –produzentinnen von den extrem niedrigen Milchpreisen, die der Exportausrichtung der Milchindustrie geschuldet sind, aus der Produktion getrieben. Gleichzeitig kaufen Nahrungsmittelkonzerne und Molkerei–Großgenossenschaften aus der EU etwa in Burkina Faso verstärkt Molkereien auf und verdrängen so zusätzlich die lokale Verarbeitung und Wertschöpfung.
Die Importmilch macht’s kaputt
„Milch aus importiertem Milchpulver ist um zwei Drittel billiger als lokal erzeugte Milch. Zusätzlich wird der Markt überflutet mit kleinen Milchpackungen, für die Milchpulver mit billigen pflanzlichen Fetten gestreckt wurde. Die Preise dafür sind so niedrig, da können kleine lokale Molkereien und Produzenten nicht mithalten“, erklärt Ibrahim Diallo, Präsident von 42 Kleinstmolkereien in Burkina Faso und Misereor-Partner. Er warnt vor den Folgen dieser Entwicklung: „Wenn die Menschen ihre Familien nicht mehr ernähren können, sehen sie sich gezwungen, auf der Suche nach Arbeit in die Städte oder ins Ausland zu gehen.“ Um auf die prekäre Situation der Milchbäuerinnen und -bauern in seinem Land aufmerksam zu machen, ist Diallo bei der Demonstration in Berlin mit dabei. Ihm geht es um den Austausch mit deutschen Bauern, Politikern und Verbrauchern.
Die Welthandelsorganisation bremst Entwicklungsländer aus
„Entwicklungsländern muss es möglich sein, ihre Agrarmärkte vor Billig-Exporten aus Industrieländern schnell und wirksam zu schützen. Ansonsten werden gerade die ärmsten Landwirte aus ihren lokalen Märkten verdrängt. Die Welthandelsorganisation hat in diesem Punkt bisher völlig versagt“, so Biraj Patnaik, Experte zum Recht auf Nahrung aus Indien. „Leider haben die EU und USA beim WTO-Ministertreffen in Nairobi im Dezember wieder einmal bewiesen, wie gleichgültig ihnen das Schicksal der Menschen in Afrika und Indien ist. Sie verweigerten nicht nur Schutzmaßnahmen für die ärmsten Länder, sondern sicherten auch ihre bestehenden Agrarsubventionen weiter ab, ohne sich mit den Konsequenzen für die Entwicklungsländer auseinanderzusetzen. So werden die Entwicklungsländer auf der Handelsebene weiter dabei ausgebremst, eine eigene funktionierende Landwirtschaft aufzubauen, die die Bevölkerung ernähren kann. Mit einer solchen Politik wird man weder den Hunger beenden, noch die Entwicklungsziele der Vereinten Nationen erreichen können“, so Patnaik.
Diallo und Patnaik sind überzeugt: „Nur wenn wir weltweit politisch zusammenarbeiten und unseren Stimmen auch im Norden Gehör verschaffen, können wir etwas erreichen.“ Kerstin Lanje und Stig Tanzmann, Landwirtschaftsexperten von Misereor und Brot für die Welt, erklären:
„Genau damit Stimmen wie die von Ibrahim Diallo und Biraj Patnaik auch bei uns gehört und diskutiert werden, nehmen Brot für die Welt und Misereor an der ‚Wir haben Agrarindustrie satt‘-Demonstration teil. Unsere Forderungen richten sich dabei an die Politik und die Agrarexporteure und nicht an die einzelnen Landwirte.“
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