Als erfreulichen Fortschritt gegenüber der alten nationalen Nachhaltigkeitsstrategie würdigt das evangelische Hilfswerk Brot für die Welt die heute vom Bundeskabinett beschlossene Neuauflage. Viele Anregungen aus der Zivilgesellschaft seien in der neuen Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie berücksichtigt worden, lobt Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt. Sie bemängelt jedoch, dass in mehreren Politikbereichen die gesteckten Ziele nicht ambitioniert genug seien, um den globalen Herausforderungen und dem Anspruch der Agenda 2030 gerecht zu werden. Doch dass die Indikatoren und Zielmarken bereits 2018 unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft überprüft und weiterentwickelt werden sollen, böte die Chance der Nachschärfung. „Nun kommt es darauf an, die neue Nachhaltigkeitsstrategie mit Leben zu füllen und die angekündigten neuen Formate zur stärkeren Einbeziehung der Zivilgesellschaft auch rasch einzurichten“, so Füllkrug-Weitzel.
Positiv sei zu bewerten, dass es in der nun beschlossenen Version im Vergleich zum ersten Entwurf mehr Ehrlichkeit im Blick auf Defizite, etwa bezüglich der Agrar- und Verkehrspolitik gebe. Positiv sei es auch, Zielkonflikte der deutschen Nachhaltigkeitspolitik - wie sie etwa in der Kontroverse um den Klimaschutzplan zu Tage getreten seien - zu benennen. Dass die Bundesregierung selbst einschätzt, noch weit von einer nachhaltigen Entwicklung entfernt zu sein, sei sehr positiv, da dies die Bereitschaft zu mehr Ambitionen erkennen lässt. Allerdings fehlten Hinweise, auf welche Weise die Kontroversen und Zielkonflikte, die einen ambitionierteren Plan bisher verhindert haben, künftig ausgetragen und gelöst werden sollen.
Zum nachdenklichen Ton passe das Eigenlob in Sachen Verringerung der Flüchtlingszahlen eher schlecht. So würden die humanitären Härten, die z.B. aus der starken Einschränkung des Familiennachzugs für nach Deutschland geflüchtete Kriegsflüchtlinge erwachsen, mit keinem Wort erwähnt. „An diesem Punkt stehen die Aussagen der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie im Gegensatz zur Agenda 2030, die eine faire, humane und menschenrechtskonforme Behandlung aller Flüchtlinge und Migranten fordert“, so Füllkrug-Weitzel. Ebenso vermisse man eine Reflexion darauf, wie deutsche und europäische Politik dazu beitragen, dass Menschen ihre Heimat unfreiwillig verlassen müssen. Man merke der Neuauflage der Nachhaltigkeitsstrategie an, dass sehr unterschiedlich ambitionierte Autoren und Ressorts an ihr mitgewirkt haben. Ehrgeizigen Zielen, wie etwa dem, bis 2030 pro Jahr zehn Millionen Menschen in den Entwicklungsländern zu Zugang zu sauberem Wasser und sanitärer Grundversorgung zu verhelfen, stünden unverbindliche Absichtserklärungen und unklare Ziele in anderen Kapiteln gegenüber.
Die an der Struktur der 17 globalen nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) der Agenda 2030 orientierte neue Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie sei eine gute Basis, um auf die Notwendigkeit einer sozial-ökologischen Transformation hinzuweisen und den Nachhaltigkeitsdiskurs zu beleben. Dazu müsse die Bundesregierung jedoch Wort halten und die stärkere und strukturierte Einbeziehung der Zivilgesellschaft schnell auf den Weg bringen.
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