Pressemeldung

Stellungnahme Brot für die Welt zu den Aussagen in der Dokumentation „Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“ (ARD und ARTE am 21. Juni 2017), die uns und unsere Partner betreffen


In der neunzigminütigen Dokumentation über Antisemitismus geht es auch um die Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen in Israel. In diesem Zusammenhang wird auch kurz Brot für die Welt genannt.

Es gab allerdings keine Anfrage an Brot für die Welt und keine Chance zur Kommentierung der Äußerungen über Brot für die Welt und unsere Partnerorganisationen - weder von den Autoren der Dokumentation noch von den Fernsehsendern. Mit der Ausstrahlung veröffentlicht der WDR allerdings diesen Faktencheck

Die Zusammenarbeit mit lokalen Partnerorganisationen ist ein wesentliches Merkmal der Arbeit von Brot für die Welt. Wir arbeiten in mehr als 90 Ländern mit Partnerorganisationen zusammen – so auch in Israel und den palästinensischen Gebieten. Brot für die Welt fördert Menschen unabhängig von Konfession, ethnischer Herkunft oder Geschlecht.

Die wesentliche Prämisse der Zusammenarbeit mit unseren Partnern weltweit ist die Ablehnung jeglicher Form von Gewalt und der Einsatz für eine friedliche Konfliktlösung. Darüber hinaus endet für Brot für die Welt jede Förderung, wenn das Existenzrecht Israels nicht anerkannt wird, wenn im Rahmen von Projekten zum Boykott von Waren aus Israel aufgerufen oder Antisemitismus geäußert wird.

Ein Brot-für-die Welt-Partner ist die israelische Menschenrechtsorganisation B’Tselem (The Israeli Information Center for Human Rights in the Occupied Territories). B’Tselem hat Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Hauptsitz in Jerusalem und in den palästinensischen Gebieten. Die in der Dokumentation genannte Fördersumme ist nicht korrekt. Es ist weniger. Zum Schutz unserer Partner, die zum Thema Menschenrechte arbeiten, können wir die Fördersummen in diesem Bereich nicht veröffentlichen.

In der Dokumentation werden Vorwürfe gegen B’Tselem erhoben. Zu dem Vorwurf, B’Tselem werfe Israel „Nazi-Methoden“ vor: Hierbei handelt es sich um den Fall einer Mitarbeiterin, die ein Jahr vor ihrer Anstellung bei B’Tselem auf einem privaten Blog der israelischen Regierung Nazi-Methoden vorgeworfen hat. Nach Bekanntwerden 2010 verurteilte B’Tselem öffentlich und umgehend die Äußerungen der Mitarbeiterin kategorisch. Die Mitarbeiterin hat daraufhin gekündigt.

Der Vorwurf, Israel wende Apartheid-Praktiken gegenüber Palästinensern an, stammt aus dem Jahr 2004. Im Zusammenhang mit dem „Block Road Regime“ hatte B’Tselem in einer Pressemitteilung die damaligen Restriktionen der israelischen Behörden, dass Palästinenser bestimmte Straßen nicht nutzen dürfen, mit Apartheid-Praktiken verglichen.

In der Dokumentation wird ein Fall aus dem Jahr 2013 aufgegriffen, der erst 2014 bekannt wurde und bei dem ein Mitarbeiter von B’Tselem in einem Interview den Holocaust geleugnet hat. Der Fall der Holocaust-Leugnung wurde von B‘Tselem unmittelbar nach Bekanntwerden im Oktober 2014 untersucht, und der Mitarbeiter wurde entlassen. Dies wird in der Dokumentation nicht dargestellt, weder im O-Ton von Tuvia Tenenbom noch im Off-Text.

Eine Leugnung des Holocaust steht im Widerspruch zu den Zielen der Organisation und ist ein Ausschlusskriterium für die Mitarbeit bei B’Tselem. Bei Verdacht auf Verstöße ahndet B’Tselem diese nach genauer Prüfung schnell und konsequent.

B’Tselem ist eine international anerkannte Menschenrechtsorganisation. Erst kürzlich besuchte Außenminister Gabriel Vertreter von B‘Tselem bei seinem Staatsbesuch im April 2017 in Israel. 2014 wurde die Organisation mit dem „Stockholmer Menschenrechtspreis“ ausgezeichnet. Es gehört sicher zum Wesen kritischer zivilgesellschaftlicher Organisationen, dass sie selbst ebenfalls der Kritik ausgesetzt sind. Dies ist fester Bestandteil demokratischer Prozesse und dient der politischen Meinungsbildung, solange dies in fairer, sachbezogener und dialogischer Weise stattfindet.

In der Dokumentation werden auch Vorwürfe gegen das Ökumenische Begleitprogramm in Palästina und Israel (EAPPI) des Weltkirchenrats erhoben. Brot für die Welt unterstützt dieses Begleitprogramm EAPPI aus kirchlichen Mitteln mit einem Beitrag zu den gemeinsam getragenen Kosten für die Geschäftsstelle in Genf und den Vorbereitungskosten für Auswahl und Entsendung von 10-15 Freiwilligen aus Deutschland. Bei der Zitatgeberin in der Dokumentation handelt es sich um eine Freiwillige des Programms und nicht um eine Mitarbeiterin von Brot für die Welt.

In den Auswahlgesprächen für die Freiwilligen wird auf die politische Neutralität der Teilnehmenden sehr viel Wert gelegt. Der EAPPI-Verhaltenskodex sieht strikte Unparteilichkeit zu den politischen Akteuren im Konflikt vor und lehnt Diskriminierung jedweder Konfliktpartei grundsätzlich ab.

(ergänzt am 22.06.2017)


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