Brot für die Welt beobachtet mit Sorge den seit Jahren kontinuierlichen Anstieg im internationalen Waffenhandel. Als einer der fünf größten Rüstungsexporteure der Welt nach den USA, Russland, Frankreich und noch vor China ist Deutschland für diesen Trend mitverantwortlich. Seit Jahren genehmigt die Bundesregierung eine Vielzahl an Rüstungsexporten in Regionen wie den Nahen und Mittleren Osten, obwohl dort Gewaltkonflikte und Aufrüstungsspiralen zu beobachten sind, und trägt damit zu einer Verschärfung von Konflikten bei.
Traurigstes Beispiel einer fragwürdigen deutschen Rüstungsexportpraxis ist dabei der Krieg im Jemen. In dem Land im Süden der Arabischen Halbinsel spielt sich die weltweit größte humanitäre Katastrophe ab. Mehr als 24 Millionen Menschen – etwa 80 Prozent der Bevölkerung - sind auf Hilfe angewiesen. Seit über vier Jahren herrscht Krieg im Jemen. Und doch finden sich Länder der Jemen-Kriegskoalition wie Ägypten oder die Vereinigten Arabische Emirate sowohl 2018 als auch 2019 unter den Empfängern deutscher Rüstungsexporte. „Mehr Waffen führen nicht zu mehr Frieden, warnt Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt. Deutschland sollte dem Koalitionsvertrag entsprechend Champion in ‚Diplomatie, Dialog und Kooperation sowie Entwicklungszusammenarbeit‘ werden und Exportweltmeister für Konfliktursachenbekämpfung und zivile Konfliktbearbeitung.“ Brot für die Welt kritisiert vor allem die anhaltend hohen deutschen Genehmigungswerte für Rüstungsexporte in sogenannte Drittstaaten – damit sind Staaten außerhalb der EU und NATO gemeint. 2018 wurden von der Bundesregierung 53 Prozent der Einzelausfuhrgenehmigungen im Umfang von 2,5 Milliarden Euro an Drittstaaten erteilt. Was laut den eigenen Grundsätzen der Bundesregierung die Ausnahme bleiben sollte, ist seit Jahren zur traurigen Realität und Regel deutscher Rüstungsexportpraxis geworden. „Algerien, Indonesien oder Konfliktparteien wie Indien und Pakistan werden trotz ihrer prekären Menschenrechtslage und gewaltsam ausgetragenen Konflikten weiter beliefert“, beklagt Füllkrug-Weitzel.
Im Sommer 2019 hat die Bundesregierung überarbeitete Grundsätze für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern vorgestellt, die eine Verschärfung der bestehenden Praxis bringen sollten. Nach den neuesten vorliegenden Zahlen könnte das Jahr 2019 jedoch den Höchstwert an Rüstungsexportgenehmigungen aus dem Jahre 2017 sogar noch übertreffen. Diese Diskrepanz zwischen Rhetorik und tatsächlichen Genehmigungen zeigt deutlich, dass Deutschland von einer restriktiven und den Menschenrechten verpflichteten Rüstungsexportpolitik weit entfernt ist. Füllkrug-Weitzel: „Leere Worthülsen in Berlin, deutsche Patronenhülsen in vielen Krisengebieten. Es ist an der Zeit, dass Deutschland ein restriktives Rüstungsexportkontrollgesetz verabschiedet, das Rüstungsexporte in Kriegs- und Krisengebiete endlich unterbindet.“
Hinweise für Redaktionen:Brot für die Welt ist Mitglied der Fachgruppe Rüstungsexporte der „Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE)“. Im Rahmen ihrer Arbeit legt die GKKE jährlich (2019 bereits zum dreiundzwanzigsten Mal seit 1997) einen Rüstungsexportbericht vor. Der Bericht stellt öffentlich verfügbare Informationen über die deutschen Ausfuhren von Kriegswaffen und Rüstungsgütern zusammen und bewertet die Rüstungsexportpolitik aus Sicht der Friedens-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik.
Andreas Dieterich, Referent für Zivile Konfliktbearbeitung bei Brot für die Welt, steht für weitere Informationen und Interviews zur Verfügung.
Blogbeitrag von Andreas Dieterich.
Renate Vacker, Tel.: 030 65211 1833, renate.vacker@brot-fuer-die-welt.de