Tourismus ist auch für Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika eine wichtige Einnahmequelle. Corona trifft ihre Wirtschaft nun besonders hart
Erste Bundesländer haben schon Ferien, andere beginnen gerade – für die meisten Reisenden bedeutet das auch in diesem Jahr: Urlaub im eigenen Land oder innerhalb Europas. In den Jahren vor Corona sind mehr als drei Millionen Menschen allein aus Deutschland zu einer Fernreise aufgebrochen. Die ist in diesem Jahr nicht möglich, denn beliebten Ländern wie Peru, Kenia oder den Philippinen fehlt Impfstoff. So verlieren sie nach aktuellen Schätzungen der UN-Handelsorganisation drei Viertel ihrer Einnahmen aus dem Tourismus. Besonders schwer trifft es unter anderem Länder in Mittelamerika, die wirtschaftlich stark vom Tourismus abhängig sind. Dagegen wird der Rückgang in Ländern mit hohen Impfquoten deutlich moderater bei geschätzt 37 Prozent liegen.
Corona verschärft auch im Tourismus Ungerechtigkeit. Vor allem Inselstaaten in der Karibik und Ostafrika mit gutem Zugang zu chinesischen Impfstoffen haben begonnen, das Hotelpersonal in den Tourismushochburgen bevorzugt zu impfen. „Das ist eine Notstrategie mit erheblichen Risiken und Nebenwirkungen“, sagt Antje Monshausen, Expertin für Tourismus und Entwicklung bei Brot für die Welt. „Kurzfristig profitieren vor allem die großen All-inclusive Hotels. Die aber geben wenig wirtschaftliche Impulse vor Ort, weil die Touristen in den Hotel-Anlagen bleiben. Tourguides und Menschen, die in Restaurants oder Souvenirläden arbeiten, sind aber darauf angewiesen, dass die Gäste auch außerhalb ihres Hotels Geld ausgeben.“
Wenn es mit der ungleichen Verteilung der Impfstoffe so weitergeht, werden viele Länder des Globalen Südens erst in zwei bis drei Jahren Zugang zu ausreichenden Impfstoffmengen haben. „Ein Jahr wie 2020 und nun 2021 können sich viele Länder des Globalen Südens, die wirtschaftlich in hohem Maße vom Tourismus abhängig sind, nicht noch einmal leisten. Einfach zu öffnen, ist aber auch keine Lösung, denn die Kosten einer Gesundheitskrise sind höher als die Kosten der Ausfälle im Tourismus“, sagt Monshausen. „Der schnellste und sicherste Weg aus der Corona-Tourismuskrise liegt daher darin, weltweit mehr Impfstoff zu produzieren und ihn besser zu verteilen.“ Dabei ist allerdings Corona nur ein Problem unter vielen.
Längst vor der Pandemie hat sich gezeigt, dass Tourismus-Modelle, die zu wenig Wertschöpfung im Land schaffen, aber die natürlichen Ressourcen wie Wasser und Landschaft ausbeuten, nicht zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen. Corona hat nun vor allem verdeutlicht, wie dramatisch die Folgen sind, wenn die Wirtschaft eines Landes vom internationalen Tourismus abhängig ist. „Es muss darum gehen, diese Abhängigkeit zu verringern“, sagt Monshausen. „In Ländern und Gemeinschaften, in denen der Tourismus eine zusätzliche und nicht die Haupteinkommensquelle ist und auch die lokale Bevölkerung von den Einnahmen profitiert, treffen die Folgen einer Krise im Tourismus nicht die gesamte Volkswirtschaft.“
Hinweis für Redaktionen: Antje Monshausen, Tourismusexpertin von Brot für die Welt, steht für Interviews zur Verfügung. Mit seiner Arbeitsstelle Tourism Watch setzt sich Brot für die Welt für einen fairen und nachhaltigen Tourismus in den Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas ein. Der aktuelle Informationsdienst beschäftigt sich am Beispiel der Dominikanischen Republik und der Türkei mit den Auswirkungen von Impfpriorisierungen. www.tourism-watch.de
Pressekontakt: Renate Vacker, 0174 3020158, renate.vacker@brot-fuer-die-welt.de