Pressemeldung

Vor dem G7-Gipfel: Brot für die Welt fordert Impfgerechtigkeit


Mareike Haase, Referentin für internationale Gesundheitspolitik bei Brot für die Welt, fordert zum Start des G7-Gipfels globale Impfgerechtigkeit:

„Die Welt braucht endlich eine umfassende, temporäre Freigabe der Patente und geistigen Eigentumsrechte – eine Spende übrig gebliebener Impfdosen wird nicht ausreichen, um die Pandemie global einzudämmen. Erfreulicherweise haben sich die Mitgliedsländer der Welthandelsorganisation gestern darauf geeinigt, in die konkreten Verhandlungen darüber einzusteigen. Wir erwarten, dass dies nun schnell und zielführend passiert. Die G7 sind der richtige Ort, weitere substantielle Schritte voranzukommen und die Verhandlungen innerhalb der WTO zu beschleunigen.

Nach Berechnungen der People´s Vaccine Alliance, der auch Brot für die Welt angehört, werden die ärmsten Länder bei der aktuellen Impfgeschwindigkeit noch 57 Jahre auf einen umfassenden Schutz warten müssen.

Im Gegensatz zur EU befürwortete die USA zuletzt die Freigabe von Impfstoffpatenten. Das ist gut, führt aber nicht weit genug. Wichtig ist auch eine schnelle Freigabe der geistigen Eigentumsrechte auf Tests und therapeutische Maßnahmen wie Beatmungsgeräte und Medikamente. Gerade jene Länder, die keine großflächigen Impfkampagnen starten können - wie aktuell in Afrika, Asien und Lateinamerika - sind dringend auf Tests und Therapiemöglichkeiten angewiesen.

Die WHO befürchtet, dass dieses zweite Jahr der Pandemie weitaus tödlicher verlaufen wird als das erste. Um das zu verhindern, müssen Länder alle möglichen Wege nutzen können, um ihre Bevölkerung vor den Folgen der Pandemie zu schützen. Dazu gehört auch, Arzneimittel selbst herzustellen und nicht darauf zu warten, bis einige wenige Unternehmen ihre Produktion ausweiten konnten und Impfdosen gespendet werden.“

Hintergrund:

Vom 11. bis 13. Juni kommen erstmals seit Beginn der Pandemie die Regierungen der G7 - Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan, Canada, USA - persönlich zusammen. Die Europäische Union genießt einen Gaststatus. Weitere Gastländer sind neben Australien und Südkorea auch Indien und Südafrika – die beiden Staaten also, die bei der Welthandelsorganisation die Aussetzung von geistigen Eigentumsrechten und Patenten auf Covid-19 Arzneimittel eingebracht haben (TRIPS Waiver). Der Vorstoß wird mittlerweile von über 100 Regierungen unterstützt, unter anderem den USA. Obwohl sich die EU weiterhin gegen einen TRIPS Waiver stellt, haben sich zuletzt Frankreich und Italien positiv dazu geäußert.

Wesentliches Thema des G7-Gipfels wird der weltweite Umgang mit der Corona-Pandemie und deren Folgen sein. Während die Länder Europas und Nordamerikas durch Impfungen und sinkende Infektionszahlen den Höhepunkt der Pandemie möglicherweise überwunden haben, wütet das Virus in anderen Teilen der Erde weiter - insbesondere in Südasien, Afrika und Lateinamerika. Tatsächlich stiegen die weltweiten Sterbezahlen in den vergangenen Wochen weiter an. Die Weltgesundheitsorganisation hat deshalb wiederholt an wohlhabende Staaten appelliert, im Juni und Juli mindestens 100 Millionen weitere COVID-19-Impfdosen und bis September 250 Millionen Dosen an Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu spenden, um dort zumindest die Risikogruppen, allem voran das Gesundheitspersonal, impfen zu können. 75% der Impfungen sind bislang in reichen Ländern erfolgt. Erfreulicherweise hat Deutschland mehrfach in Aussicht gestellt Impfdosen zu spenden – allerdings nur 30 Millionen bis Ende des Jahres.

Der TRIPS Waiver, also die zeitweise Aussetzung der Rechte des geistigen Eigentums auf Diagnostika, Therapeutika und Impfstoffe gegen Covid-19, ist der richtige Weg, um von einer „Impf-Wohltätigkeit“ zu Impfgerechtigkeit zu kommen. Unternehmen weltweit würden dazu berechtigt, in die Produktion notwendiger Arzneimittel einzusteigen. Einhergehend mit der Sicherstellung der Qualität dieser Produkte, kann dadurch mittelfristig mehr Impfstoff verfügbar gemacht und zügiger an neue Virusvarianten angepasst werden.

Die Europäische Union hat vergangene Woche einen Gegenvorschlag zum TRIPS Waiver vorgelegt, durch den die Produktion von Impfstoffen ausgeweitet werden soll. Darin betont die EU insbesondere die freiwilligen Kooperationen von Pharmaunternehmen und die Erteilung von sogenannten Zwangslizenzen. Die Erfahrungen der vergangenen zwanzig Jahre mit der Erteilung von Zwangslizenzen haben gezeigt, dass diese in jahrelangen und äußerst schwierigen Verhandlungen münden. Die beantragenden Regierungen werden von den Ländern, in denen die Patenthalter sitzen, meist stark politisch und wirtschaftlich unter Druck gesetzt. Zudem geht es bei den Zwangslizenzen immer nur um einzelne Patente und einzelne Länder. Die zur Herstellung erforderliche Informationen, die nicht als Patente, sondern beispielsweise unter Datenschutz-Gesetzen gesichert sind, würden nicht offengelegt. Für die zügige Produktion von Vakzinen für den weltweiten Bedarf ist aber eine grenzüberschreitende Kooperation zur Herstellung der diversen Impfstoffkomponenten notwendig. Die zeitweise Aussetzung aller Patente und geistigen Eigentumsrechte auf alle erforderlichen Covid-19 Produkte ist dafür der schnellste und effektivste Weg.

Direkt im Vorfeld des G7-Gipfels traf sich vom 8. bis 9. Juni im Rahmen der Welthandelsorganisation der sogenannte TRIPS Rat, der über den Antrag für einen TRIPS Waiver und den Vorschlag der EU verhandelte. Im Voraus wurden der WTO über 2,7 Millionen Unterschriften von Menschen aus aller Welt überreicht, die sich im Rahmen einer öffentlichen Petition für die Aussetzung von Patenten für medizinische Produkte gegen Covid-19 ausgesprochen haben. Der TRIPS Rat einigte sich darauf, nun unmittelbar in Verhandlungen an einem konkreten Text für einen TRIPS Waiver einzutreten

 


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