Bei einem Treffen der Spitzen der Landwirtschafts- und Ernährungsverbände mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir steht die Transformation von Ernährung und Landwirtschaft hin zu mehr Agrarökologie im Mittelpunkt. Auch Brot für die Welt fordert eine Agrarwende. Diese muss aber in Nord und Süd stattfinden, ansonsten besteht die Gefahr, dass die Interessen der armen Länder ins Hintertreffen geraten. „Grundlegende Veränderungen unseres Ernährungs- und Landwirtschaftssystems müssen auch die Auswirkungen im Globalen Süden berücksichtigen“, sagt Dagmar Pruin, die Präsidentin von Brot für die Welt. „Solange Deutschland und Europa weiter ihre immensen Überschüsse an Getreide, Milch oder Fleisch als Billigexporte nach Afrika und anderswo schicken, schaden sie der Landwirtschaft dort. Dies führt zu Armut und Landflucht.“
Besonders deutlich zeigen sich die Folgen der Abhängigkeit von Billigexporten in Krisenzeiten. In der Corona-Pandemie bleiben Importe aus oder verteuern sich extrem. Wo es keine lokal erzeugten Angebote mehr gibt, steigen die Preise für Lebensmittel rasant, und es kommt vor allem in den Städten zu Versorgungsengpässen. So hat sich Weißbrot in Dakar innerhalb weniger Wochen um 20 Prozent verteuert, obwohl die Regierung im Senegal wegen des starken Preisanstiegs bei Weizenmehl auf Mehrwertsteuer und Zollgebühren verzichtet.
„Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die Unterstützung kleinbäuerlicher Produzentinnen und Produzenten in Entwicklungsländern und ihrer lokalen Märkte ist“, sagt Pruin. „Nur sie können der ärmeren Bevölkerung auch in Krisenzeiten ein erschwingliches und vielfältiges Angebot an Nahrungsmitteln bieten.“
„Es ist wichtig, dass eine europäische Transformation der Landwirtschaft nicht in einer europäischen Öko-Nische landet, sondern die Wende hin zu einer agrarökologischen Produktionsweise am Amazonas, in Indonesiens Wäldern, oder auf den kleinen Äckern und Ställen in Westafrika in den Blick nimmt“, sagt Francisco Marí, Agrarhandelsexperte bei Brot für die Welt. „Eigentlich hat der EU Green-Deal genau diese Wende angekündigt. Mit der gerade beschlossenen EU-Agrarreform ist sie jedoch nicht erreichbar. Massentierhaltung und industrielle Landwirtschaft sind auch aus Perspektive des Globalen Südens ein sozialer und ökologischer Irrweg.“
Brot für die Welt setzt sich auch für faire Preise für Bäuerinnen und Bauern in der EU ein. Marí: „Europäische Agrar- und Handelspolitik muss wegkommen von einer zügellosen Markteroberung und der Abhängigkeit von Weltmärkten. Dies käme allen zugute: Bäuerinnen und Bauern, Verbraucherinnen und Verbrauchern, den Tieren und auch dem Klima."
Hinweis für Redaktionen:
Damit der Neustart in der deutschen Agrarpolitik gelingt und die Interessen der Bäuerinnen und Bauern im Globalen Süden nicht übersehen werden, beteiligt sich Brot für die Welt trotz aller Covid-19 bedingten Schwiergkeiten mit Partnerorganisationen aus Brasilien und Afrika an den Online-Diskussionen, besonders auch in der kommenden Woche bei der Internationalen Agrarkonferenz des Landwirtschaftsministeriums (GFFA).
Termine:
Veranstaltung zur Rolle des Welternährungsausschusses (Committee on World Food Securiry, CFS) bei der Frage der Landrechte:
26. Januar 2022, 11:o0 bis 12:30 Uhr: Verwaltung von Landnutzungsrechten und Nachhaltigkeit: Ein Plädoyer für das CFS und seine Freiwilligen Leitlinien für die verantwortungsvolle Verwaltung von Nutzungsrechten an Land, Fischgründen und Wäldern: siehe hier
Veranstaltung von Brot für die Welt und Partnern:
26. Januar 2022, 17:00 bis 18:00 Uhr: The bigger the better? Die Folgen von Landinvestitionen für Landrechte, Böden und Ernährungssouveränität: siehe hier
Pressekontakt:Renate Vacker, 030 65211-1833, renate.vacker@brot-fuer-die-welt.de