Brot für die Welt appelliert an die deutsche Bundesregierung, sich beim 6. EU-Afrika-Gipfel am 17./18. Februar in Brüssel für einen Neustart der Partnerschaft einzusetzen. Neben der Bewältigung der Corona-Pandemie sieht das evangelische Entwicklungswerk die Prävention und Beilegung von bewaffneten Konflikten als große Herausforderung.
„Von unseren Partnerinnen und Partnern aus Afrika wissen wir, dass sich die Impfstoffversorgung zwar verbessert hat, aber die Lage weiterhin sehr labil ist“, sagt Dagmar Pruin, die Präsidentin von Brot für die Welt. Afrika kann und will selbst Impfstoffe und auch Medikamente gegen Covid-19 produzieren, um nicht mehr vom guten Willen reicher Länder und einer Handvoll Pharmaunternehmen abhängig zu sein. „Umso beunruhigter sind wir, dass die EU dem Wunsch der Afrikanischen Union offenbar nicht nachkommt, den sogenannten TRIPS Waiver, also die zeitweise Aussetzung von Patenten, in die Deklaration des EU-AU-Gipfels aufzunehmen. Wir appellieren an die EU und vor allem die Bundesregierung, ihren Widerstand aufzugeben, und mit Afrika eine Partnerschaft auf Augenhöhe einzugehen“, sagt Pruin. Auch die COVAX-Initiative, die eine faire globale Verteilung von Impfstoffen sicherstellen soll, liefe unter Plan und brauche dringend neuen Schwung, so Pruin.
Konflikte um Wasser, Land und Weidegründe sind Mit-Auslöser für die andauernde Gewalt in vielen Ländern Afrikas. Der Klimawandel verschärft diese Konflikte. „Die Menschen in der Sahelregion, der Region der Großen Seen, in Mosambik, in Äthiopien, im Südsudan und in Kamerun wünschen sich Frieden und Sicherheit. Will die EU ihre Vermittlerrolle ernstnehmen, muss sie die Ursachen der Konflikte in den Blick nehmen“, sagt Pruin. Dazu gehöre, dass zukünftig Mechanismen geschaffen werden, um gegen Landgrabbing vorzugehen, das durch private und öffentliche europäische Investitionen verursacht wird.
Die EU sollte zudem ihre Handelspolitik ändern. Bislang muss Afrika billige Agrarüberschüsse aus der EU importieren. „Wenn Afrika sich vor Billigimporten schützen und seinen Agrarhandel auf die Bedürfnisse seiner Nachbarstaaten ausrichten könnte, wäre das ein wichtiger Schritt, Hunger und Armut zu überwinden und Arbeitsplätze zu schaffen“, sagt Pruin.
Mit Blick auf die Migration sagt die Präsidentin von Brot für die Welt: „Der EU-Afrika-Gipfel ist eine gute Gelegenheit, den Weg für sichere und legale Migrationswege frei zu machen. Die Staats-und Regierungschefs sollten die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Migration für die Herkunfts- und Zielländer ebenso wie für die Migrantinnen und Migranten selbst positive Wirkungen erzielen kann.“
Brot für die Welt fordert, dass Zivilgesellschaft zukünftig stärker in die Gestaltung einer EU-AU-Partnerschaft und in die Vorbereitungen politischer Treffen einbezogen wird.
Hinweis für Redaktionen:
Lediglich elf Prozent der Menschen in Afrika haben bisher zwei Impfungen gegen Covid-19 erhalten. Ein Jahr mussten die Länder auf ausreichende Impfstofflieferungen warten, mit unermesslichen gesundheitlichen und wirtschaftlichen Verlusten, während in Deutschland und der EU längst hohe Impfraten erreicht waren. Zugleich wird die EU bis Ende Februar 55 Millionen abgelaufene Impfdosen vernichten. Die COVAX-Initiative konnte bisher von den weltweit knapp elf Milliarden verimpften Dosen lediglich eine Milliarde Dosen ausliefern, die Hälfte der von COVAX geplanten Menge. COVAX ist mittlerweile weitgehend abhängig von den Spenden überschüssiger Dosen aus wohlhabenden Staaten, die oft mit kurzem Vorlauf und geringer Haltbarkeit eintreffen. Angeführt vor allem durch Deutschland blockiert die EU weiterhin eine zeitweise Aussetzung von Patenten und geistigen Eigentumsrechten und verhindert so, dass Afrika selbst in die Impfstoffproduktion einsteigen könnte.
Weiterführende Informationen und Hintergründe zu verschiedenen Themen des EU-Afrika-Gipfels finden Sie hier.
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